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Sommer oder Winter, gutes oder schlechtes Wetter gingen an mir fast unbemerkt vorüber; selbst die hohen Festzeiten des Jahres hatten viel von ihrer Einwirkung verloren.

Es waren harte Jahre. Aber Gott half und bewahrte mir den frohen Mut. Manches mußte ich lernen, in vieles mich schicken. Ich glaubte, mir im Kloster einen gewissen Grad der Geduld angeeignet zu haben; er reichte nicht aus und bedurfte einer kräftigen Steigerung. Der heilige Paulus hat recht, wenn er sagt, daß, »wer nach dem Bischofsamte verlangt, ein gutes Werk«, eine gute Arbeit, »verlangt« (1 Tim. 3, 1), und der heilige Augustinus hat aus eigener Erfahrung das Wort niedergeschrieben: «Episcopatus est nomen operis, non honoris« (Die Bischofswürde ist nicht ein Ehrentitel, sondern ein Arbeitsprogramm) De Civ. Dei XIX, 19. Es ist aber auch gut, daß für den Bischof die Ehre hinter der Arbeit und Mühe so sehr zurückbleibt, daß sie aufhört, eine Versuchung zu sein.

Ich fand mich an der Spitze einer Diözese, die zu den ehrwürdigsten der ganzen Christenheit gehört. Nach der Überlieferung, wie sie Paulus Diakonus in seiner Geschichte der Metzer Bischöfe (Gesta Episcoporum Metensium) wiedergibt, reichen ihre Anfänge in die apostolischen Zeiten hinauf. Der heilige Petrus selber soll den ersten Bischof, St. Klemens, nach Metz geschickt haben. Genau hundert Vorgänger hatte ich im bischöflichen Amte, so daß ich das zweite Hundert eröffnete. Aus dieser Zahl werden gegen vierzig als Heilige oder Selige verehrt, darunter einige von hervorragender Bedeutung, wie der heilige Arnulf (611–627), der heilige Chrodegang (742–766) u. a. Auch Söhne des heiligen Vaters Benedikt haben den Metzer Bischofsstuhl geziert, z. B. der heilige Agilram (768–791), der selige Benno von Einsiedeln (927–928). Die Metzer Kirche hat die seltene Ehre und Freude, alljährlich am 27. April das Fest aller ihrer heiligen Oberhirten zu feiern. Das Bistum Metz gehörte ursprünglich zur Metropole Trier, später wurde es der Kirchenprovinz Besançon zugeteilt. Nach dem Frankfurter Frieden ward es als exemptes Bistum unmittelbar dem heiligen Stuhle unterstellt.

Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_94.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)