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Der Maimond wanderte bleich am Fenster vorüber. Die Maikäfer rasselten leise im Laubwerk der Bäume.

Physikus Bracke war zu seinem monatlichen Schoppen in den Bären gegangen. Nur einmal im Monat gönnte er sich anderthalbe Bier. Sein dürftiges Einkommen gestattete nur diese einmalige Ausschweifung; sein pedantischer Sinn legte der unfreiwilligen Abstinenz sittliche Motive zugrunde.

Die Bürgerin Bracke hatte mit dem Kind gespielt und selig ihn gerufen: „Bracklein! Brücklein! Brücklein zum Himmel! Regenbogen! Zitronenfalter!“

Sie war müde geworden, und nun atmete das Kind im Schlaf an ihrer Brust.

Unhörbar fast wehten die Flügel der Tür auseinander.

Sie rief: „Bracke!“ ihren Gatten vermutend. Aber wie sie sich matt emporrichtete, sah sie, daß ein Reigen schöner Frauen, neun an der Zahl, die Kammer betrat.

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Klabund: Bracke, Berlin 1925., Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bracke_(Klabund)_030.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)