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Der Physikus klopfte an die Fensterscheibe.

„Leider ist er kein ehrlicher Dummkopf, sondern ein unehrlicher Philosoph, so klein er ist. Er glaubt, er sei klüger als ich. Erweist sich von dem unerträglichen Wahn seiner kleinen Größe und Bedeutsamkeit besessen. Ein zehnjähriges Kind – und will mich lehren, Virgil zu begreifen. Ich habe kein Geld, dieses kindliche Monstrum studieren zu lassen. Woher nehmen, wenn nicht stehlen. Stehlen? Er, glaube ich, wäre zum Diebstahl fähig. Er hat keine moralischen Qualitäten.“

„Mann,“ sagte die Frau, die furchtsam lauschte, „die sollst du ihn doch lehren.“

„Pappalapapp. Man ist tugendsam oder nicht. Das Kind ist vom Teufel besessen. Du hast dich in deiner Schwangerschaft an dem fahrenden Volk, das damals Trebbin verpestete, versehen. Er ist nicht mein Kind. Er ist das Kind eines Schnellläufers und Seiltänzers. Er muß in strenge Zucht kommen. Er muß ein ehrenwertes Handwerk lernen. Mag er Brauer oder Stellmacher oder Metzger werden.“

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Klabund: Bracke, Berlin 1925., Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bracke_(Klabund)_042.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)