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Der Kurfürst fragte Bracke, in welcher Kunst er sich die letzte Zeit besonders ausgebildet.

Der sagte nun: vorzüglich in der Malkunst, denn er habe Unterricht bei einem tüchtigen Meister genommen und es so weit gebracht, daß er Blumen, Tiere, Häuser und Menschen ohne Beschwerlichkeit in vollkommener Treue auf die Leinwand zu bringen vermöge. Ja, sein Meister, der ein seltener Künstler in seinem Fache sei, habe ihn noch gelehrt, das Unsichtbare sichtbar zu schaffen, so daß es ihm möglich sei, Tugend und Laster, Anmut und Verworfenheit, Geiz, Güte, Glück und Grausamkeit zu malen.

Dem Kurfürsten, der aufmerksam zuhörte, gefiel die Rede, und er fragte Bracke, ob er für zweihundert Gulden, da er das Unsichtbare sichtbar zu gestalten vermöge, nicht ein Abbild Gottes zu malen imstande sei…

Bracke sagte fröhlich: „Gewiß, gnädiger Herr“, nahm fünfzig Gulden Aufgeld, richtete einen Saal des Schlosses für sich her und ließ Leinwand und mancherlei Farben und Tuben und Pinsel

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Klabund: Bracke, Berlin 1925., Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bracke_(Klabund)_122.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)