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wissen, ausnutzen, um ihn zu schröpfen. Es ist das Land der Denunziationen, der Erpressungen. Ein jeder hat da Angst vor einem Anderen Mächtigeren. Das geht durch alle Schichten. Geheime Gesellschaften, große Spionagesysteme ziehen sich wie Netze durch das ganze Land. Jetzt hat eine besondere Agitation gegen Christen begonnen, gegen alle, die mit den Fremden in Zusammenhang stehen. Als Vorspiel vielleicht für größere Begebenheiten. Mich erinnert es alles sehr an die Zeiten vor den Tientsiner Fremdenmetzeleien im Jahre 1870.«

»Was raten Sie mir aber wegen Ta zu tun?«

»Ich fürchte, Sie müssen sich entschließen, ihn nach Hause zu schicken. Er wird aus der Angst um seine Mutter nicht mehr herauskommen und sich nicht mehr beruhigen lassen, denn er hat offenbar das Gefühl, daß es seine Pflicht ist, zu ihr zurückzukehren. Wie sehr der Chinese seine Eltern verehrt, brauche ich Ihnen nicht erst zu sagen – das steht sogar in den oberflächlichsten Reisebüchern. Ich habe durch jahrelange Erfahrung freilich meine Zweifel bekommen, ob die Verehrung an sich wirklich eine so sehr große ist; aber jeder Chinese wird den Schein wahren wollen, als sei er ein vortrefflicher Sohn, und wird dafür sogar große Opfer bringen. Ta geht offenbar sehr ungern

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Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/123&oldid=- (Version vom 31.7.2018)