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Masse jahrelang hingebrütet und das andere sich mit dem entsetzlichen Bewußtsein eigener Vergeudetheit und Zwecklosigkeit Jahre um Jahre müde hingeschleppt hatte, da hat eine rohe Katastrophe das plumpe Ende gebracht. Nichts ist aufgeklärt, nichts versöhnt. Man steht vor den unvernünftigen Tatsachen. Wozu das Ganze? Vorsehung? Nein, der Begriff erklärt mir nichts. In der Vorstellung einer weltenschaffenden, weltenlenkenden Gewalt, die trotz ihrer Allmacht aus ein paar einfachen Menschengeschicken ein so hoffnungsloses Wirrsal werden läßt, in der Vorstellung liegt eine solche Grausamkeit und Willkür, daß man sie immer anrufen möchte: »So verantworte dich doch, verantworte dich!« – Während all der letzten Jahre habe ich immer gesucht, diese Gedanken niederzuhalten, habe gekämpft, die Bitterkeit zu überwinden – und wie schwer war es doch oft! Besonders wenn es Frühling wurde, Frühling für andere und sie es so selbstverständlich fanden, glücklich zu sein – und man selbst war so allein, wie eine Art Zufallserscheinung, für die sich kein Platz findet im weiten Weltenplane. Wir finden uns ja leicht ab mit der großen Verschwendung, die in jeder Sekunde die Natur mit Millionen treibt, die alle des Daseins Möglichkeiten in sich trugen und doch ungelebt zurückschwinden müssen

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Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/139&oldid=- (Version vom 31.7.2018)