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heraus dann. Ich gehe gern in der Dunkelheit da umher.“ – „Allein?“ fragte ich. – „Ja“, sagte sie, „oder nein, Julchen geht hinter mir her.“

„Julchen?“

„Ja – Sie kennen sie nicht – natürlich. Unsere Mamsell. Sie ist schon lange hier.“

„Julchen“, meinte ich, „klingt so gemütlich. Ich glaube nicht, daß es unheimlich sein kann, wenn Julchen hinterher geht.“

Sie lächelte ein wenig.

„Gott! ich bin an Julchen so gewöhnt, daß ich sie vergesse. Es ist wie mit den Fröschen.“

„Ich möchte dieses Julchen doch sehen“, meinte ich.

„Ich will sie Ihnen mal zeigen“, sagte Claudia.

Wir schweigen wieder.

Unten am Weiher begann ein melancholischer Wasservogel immer den gleichen hellen Ton vor sich hinzusingen und aus den feuchten dunklen Gängen des Parkes wehte uns ich weiß nicht welche Traurigkeit an. Ich hatte plötzlich starkes Mitleid mit der kleinen Frau, die einsam hier durch die raschelnden abendlichen Herbstwege ging – aber Mitleid, das fast körperlich wohltat. Das war mir neu und interessant an mir. Aber das ist wohl

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Keyserling: Seine Liebeserfahrung. In: Bunte Herzen. Fischer, Berlin 1909, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bunte_Herzen_(Keyserling).djvu/182&oldid=- (Version vom 31.7.2018)