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Wir gingen aus der Stadt hinaus über die große Ebene hin. Die Wege waren hier laut von sonntäglichen Spaziergängern. Überall die geputzten Mädchen erhitzt und zufrieden am Arm ihres jungen Mannes. Anfangs verstimmte mich alles, aber dann überkam mich beruhigend das Gefühl, eingereiht zu sein in eine Ordnung, fast in einen Beruf. Wir gingen weit hinaus, dort wo es einsam wird. Die Sonne stach auf das Weideland nieder. Eine Kiesgrube lag dort. Wacholder, Heidekraut, Katzenpfötchen wuchsen an den Wänden. Ein großer Stein lag auf dem Grunde und sonnte sich. Wir stiegen ab – streckten uns dort aus. Toni nahm ihren Hut ab, streckte ihre Glieder – blinzelte mit den Augen in der Sonne. „Ah! das ist gut“, stöhnte sie. – Das ganze Behagen der Sonntagsfaulheit kam über sie, strahlte ordentlich von ihr aus. Ich lag auf dem Rücken. Wacholder, Wermut, Schafgarben dufteten so warm, als säßen wir in einer Küche, in der Kräuter gekocht würden. Kleine Schmetterlinge, bronzefarben und stahlblaue Farbenfleckchen, flirrten vorüber. Leise vor sich hinsingend, bummelten Hummeln durch die Luft und hingen ihre Samtleiber an die Glocken des Benediktenkrautes.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Keyserling: Seine Liebeserfahrung. In: Bunte Herzen. Fischer, Berlin 1909, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bunte_Herzen_(Keyserling).djvu/213&oldid=- (Version vom 31.7.2018)