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ein vernünftiger Mensch. Er hat die Gegenden gesehen, die ich gesehen habe, dieselben Neger, dieselben Sitten, nicht wahr? Aber er sieht etwas ganz anderes, als ich gesehen habe. Ich frage mich, lügt der, oder lüge ich? War er betrunken, als er das sah, oder war ich betrunken? Wie erklären Sie das?“

Ich mußte antworten und begann zu sprechen, ohne noch zu wissen, was ich sagen würde.

„Das kommt wohl daher, daß alles, was wir sehen, wir ganz allein sehen. Es hat sozusagen jeder sein eigenes Afrika. Es hängt z. B. ein Bild in meinem Zimmer, das ich liebe. Es wird mir gestohlen, oder ich muß es verkaufen. Da ist es dann ein Trost, daß das Bild, welches ich gesehen habe und geliebt habe, nicht gestohlen oder verkauft werden kann, das ist einzig, das – das“ – ich verwirrte mich, denn ich sah an Daahlens Gesicht, daß ich taktlos wurde.

„Das ist nicht wissenschaftlich“, sagte Daahlen streng.

„– Nein, wissenschaftlich nicht“, stotterte ich.

„Ja, aber die Wissenschaft.“ Daahlen begann begeistert von der Wissenschaft zu sprechen, er wurde

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Eduard Keyserling: Seine Liebeserfahrung. In: Bunte Herzen. Fischer, Berlin 1909, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bunte_Herzen_(Keyserling).djvu/241&oldid=- (Version vom 31.7.2018)