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Ferner: da 1 Gew.-Th. Wasserstoff vertretbar ist durch 35,4 Gew.-Th. Chlor, so folgt daraus, dass wenn wir in 7 Kohlenwasserstoff (worin 1 Gew.-Th. Wasserstoff) an die Stelle des Wasserstoffs Chlor bringen, sich 6 Kohlenstoff verbinden mit 35,4 Chlor.

1 Wasserstoff vertreten durch 35,4 Chlor
6 Kohlenstoff 6 Kohlenstoff
7 Kohlenwasserstoff geben 41,4 Chlorkohlenstoff.

8 Gew.-Th. Sauerstoff, 35,4 Chlor, 6 Kohlenstoff, drücken, wie man sieht, in der That die Gewichte aus, in denen sich diese drei Körper unter einander verbinden; denn Vertreten will nichts anderes sagen als Verbinden.

Dieses Gesetz der Vertretung oder Verbindung ist nicht blos wahr für die genannten Körper, es gilt für alle. Kennt man demnach das Verhältniss, in welchem sich ein Körper mit einem andern – mit zehn – mit zwanzig – mit allen übrigen Körpern verbindet, so kennt man das Gewichtsverhältniss, in welchem sich alle diese Körper gegenseitig vertreten, das heisst in dem sie sich unter einander (einer mit dem andern) verbinden.

Die folgende Tabelle bedarf kaum einer Erläuterung.

Sauerstoff O. 8 Kalium K. 39,2
Wasserstoff H. 1 Calcium Ca. 20,0
Kohlenstoff C. 6 Silicium Si. 14,8
Schwefel S. 16 Blei Pb. 103,8
Stickstoff N. 14 Kupfer Cu. 31,8
Phosphor P. 32 Quecksilber Hg. 100,0

Diese Zahlen drücken die Gewichtsmenge einiger einfachen Körper aus (sie sind von allen bekannt), in denen sie sich unter einander verbinden, oder, wenn man will, es sind die Gewichte, in denen sie sich in ihren Verbindungen vertreten.

Es ist ganz besonders hervorzuheben, dass diese Verhältnisse sich auch in den Fällen nicht ändern, wo ein Körper mit einem zweiten, dritten etc. mehr wie eine Verbindung bildet. So verbinden sich 14 Stickstoff mit 8 Sauerstoff zu dem sog. Lustgas; es giebt eine zweite Verbindung, ein farbloses Gas, welches in der Luft rothe Nebel bildet, und das auf 14 Stickstoff 16 Sauerstoff (zweimal 8); es giebt eine dritte, welche 24 (dreimal 8), eine vierte, die 32 (viermal 8), eine fünfte, die Salpetersäure, welche 40 Sauerstoff (fünfmal 8) immer auf 14 Stickstoff enthält. So vereinigt sich Kohlenstoff mit Sauerstoff in zwei Verhältnissen; die erste Verbindung, ein brennbares Gas, enthält auf 6 Kohlenstoff 8 Sauerstoff, die andere auf 6 Kohlenstoff 16 Sauerstoff; die letztere ist die bekannte Kohlensäure.

In allen Fällen, wo die Elemente sich zu irgend einer Verbindung vereinigen, zeigen sich diese festen, unveränderlichen Verhältnisse.

Aus der Analyse der Essigsäure ergiebt sich, dass sie in 100 Gewichtstheilen 47,06 Kohlenstoff, 5,88 Wasserstoff und 47,06 Sauerstoff enthält. Ich weiss, wie viel Sauerstoff und Wasserstoff mit 47,06 Kohlenstoff verbunden sind, und nichts ist leichter, als zu berechnen, wie viel Sauerstoff und Wasserstoff auf 6 Kohlenstoff sich darin befinden. Es

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_061.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)