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und möglicher Weise auch das Steinkohlengas verdrängen werde. Für Gegenden, welche arm an den zur Gasbereitung geeigneten Steinkohlen sind und keinen Mangel an Holz haben, wie manche Theile von Russland und Schottland, ist das Holzgas von besonderem Werthe und wird dahin allmählich seinen Weg finden.

Anstatt das Holz für sich in Oefen zu verbrennen, dient dazu die treffliche Holzkohle, und die in der Form von Gasen von dem Holze abgeschiedene Flamme benutzt man zu der glänzendsten Beleuchtung und gleichzeitig zur Heizung.



Dreizehnter Brief.


Unsere Maschinen erzeugen bekanntlich keine Kraft, sondern sie geben nur aus, was sie an Kraft empfangen haben. Die Bewegung einer Uhr wird hervorgebracht durch ein sinkendes Gewicht, eine gespannte Feder; es ist die Kraft des menschlichen Armes, der sie aufgezogen, die Feder gespannt oder das Gewicht in die Höhe gezogen hat, welche in der Bewegung der Räder und des Pendels in 24 Stunden, in 8, in 14 Tagen wieder verbraucht wird. Ein Wasserrad setzt in einer Mühle einen oder mehrere Mühlsteine, das eines Hammerwerkes einen oder mehrere Hämmer, in Salinen und Bergwerken setzt es Pumpen, welche Wasser oder Lasten auf gewisse Höhen erheben, in den Spinnmühlen setzt es Web- und Spinnstühle, in andern Walz- und Streckwerke in Bewegung. Die Arbeit, welche das Wasserrad verrichtet, hängt in allen diesen Fällen ab von dem Druck des auf die Schaufeln fallenden Wassers; das fallende Wassergewicht setzt das Rad in Bewegung; alle Widerstände der arbeitenden Maschine können zusammengenommen nicht grösser sein als der Druck der fallenden Wassermasse, durch den sie überwunden werden.

Die Leistung der Maschine ist messbar durch diesen Druck.

Die Arbeit einer Dampfmaschine wird durch die Bewegung eines Kolbens verrichtet, welcher durch den Druck von Wasserdämpfen auf und ab bewegt wird. Der Dampf drückt auf den Kolben, gleich wie die fallende Wassermasse auf die Schaufeln des Wasserrades. Die Ursache des Druckes ist die Wärme, welche durch einen chemischen Process, d. h. durch Verbrennung von Brennmaterialien unter dem Dampfkessel erzeugt wird, und die das Wasser aufnimmt; durch diese Wärme wird das Wasser zu Wasserdampf und dieser empfängt durch sie die zur Bewegung des Kolbens nöthige Spannkraft; in letzter Form ist es die Wärme, welche den Druck und Hub bedingt und welche die mechanische Arbeit der Maschine verrichtet.

Eine Kraft wirkt immer durch einen Druck oder Zug; in einer arbeitenden Maschine ist die Grösse der Kraft, die Arbeitskraft stets meßbar durch die Widerstände, die dadurch überwunden werden, und alle Widerstände sind ausdrückbar durch entsprechende Gewichte, welche

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_103.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)