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neben dem Alkohol (Branntwein) eine ölige Flüssigkeit von giftigen Eigenschaften und höchst ekelhaftem Geruch und Geschmack.

Dieses sogenannte Fuselöl ist nicht fertig gebildet in den Kartoffeln, es ist ein Product der Umsetzung des Zuckers; denn man erhält es nicht allein aus der gegohrenen Kartoffel- und Getreidemaische, sondern auch in der Gährung der letzten Syrupe von der Darstellung des Runkelrübenzuckers.

Das Fuselöl, welches seinen chemischen Eigenschaften nach mit dem Alkohol in eine Classe gehört, ist Alkohol, von welchem sich die Elemente von Wasser getrennt haben. Zwei Fuselatome entstehen durch Zusammentreten von fünf Alkoholatomen unter Abscheidung von sechs Wasseratomen.

Die Bildung des Fuselöls, von dem man jetzt in den Spiritusfabriken so grosse Mengen als Nebenproduct gewinnt, dass man es zum Beleuchten der Locale benutzt, findet in gährenden Flüssigkeiten niemals statt, wenn diese Weinsäure oder Weinstein, Citronensäure oder gewisse bittere Substanzen (Hopfenbitter) enthalten; es erzeugt sich vorzüglich nur in alkalischen und neutralen Flüssigkeiten, oder in solchen, welche Essig- oder Milchsäure enthalten, und kann durch Zusatz von Weinstein zum grossen Theil verhütet werden.

Der Geruch und Geschmack der Weine rührt stets von besonderen Verbindungen her, die sich in der Gährung erzeugen; die alten Rheinweine enthalten Essigäther, manche davon in kleinen Quantitäten Buttersäure-Aether, der ihnen einen, dem alten Jamaika-Rum ähnlichen angenehmen Geruch und Geschmack ertheilt. Alle enthalten Oenanthsäure-Aether, von dessen Vorhandensein der Weingeruch herrührt. Diese Verbindungen entstehen theils in der Gährung selbst, theils beim Lagern des Weines, durch die Einwirkung der vorhandenen Säuren auf den Alkohol des Weines. Die Oenanthsäure scheint in der Gährung gebildet zu werden, sie ist bis jetzt wenigstens in den Weintrauben nicht aufgefunden worden. Die in dem gährenden Safte vorhandenen freien Säuren nehmen den entschiedensten Antheil an der Entstehung dieser aromatischen Materien; die Weine südlicher Gegenden, welche aus ganz reifen Trauben gewonnen werden, enthalten Weinstein, aber keine freien organischen Säuren, sie haben kaum den eigenthümlichen Weingeruch und halten, in Hinsicht auf Bouquet oder Blume, mit den edlen französischen Weinen oder mit den Rheinweinen keinen Vergleich aus.



Achtzehnter Brief.


Die Eigenschaften des gewöhnlichen thierischen Käses, der Einfluss, den seine kleinsten Theilchen, wenn sie sich im Zustande der Zersetzung und Umsetzung befinden, auf die ihnen zunächst liegenden Zuckertheile ausüben, sind merkwürdig genug, sie werden aber darin weit übertroffen durch den vegetabilischen Käs in der Mandelmilch. Es ist Jedermann

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_137.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)