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Bestandtheile des Fleischsaftes bedingt werde, und wir haben sonach den Grund dieser Erscheinung in den unverbrennlichen Bestandtheilen der Fleischbrühe oder des Fleischsaftes zu suchen.

Es genügt, einen Blick auf die Analysen der Asche des Fleisches, der Fleischbrühe und des ausgekochten und ausgelaugten Fleisches zu werfen, um sogleich wahrzunehmen, dass beim Kochen des Fleisches und Auslaugen die überwiegende Menge der Salze des Fleisches in die Fleischbrühe übergeht.

Vergleicht man nun die Aschenbestandtheile des Fleisches mit denen des Blutes der fleischfressenden Thiere, so findet man, dass beide (bis auf das Kochsalz im Blute) die nämlichen Elemente, sehr nahe in derselben Menge und demselben Verhältnisse enthalten. Das Fleisch enthält die Salze des Blutes und, wie die Fütterung mit Fleisch unwiderleglich darthut, in einem zur Blutbildung geeigneten und die vitalen Vorgänge in keiner Weise störenden Verhältnisse.

Wenn aber das Fleisch ausgekocht und ausgelaugt wird, so tritt eine Theilung dieser Salze ein, das rückständige Fleisch behält ein weit kleineres Verhältniss davon zurück, als wie das Blut enthält.

Das ganze Fleisch enthält nach dem Einäschern 3½ Procent (des trockenen Fleisches) an Salzen, das ausgekochte Fleisch noch nicht ganz 1 Procent. Von zehn Pfund frischem Fleisch erhält man im Ganzen 42,92 Gramm Asche; wenn diese zehn Pfund ausgelaugt und ausgekocht werden, so gehen 35,28 Gramm von diesen 42,92 Gramm in die Fleischbrühe über; in dem ausgekochten Fleisch bleiben 7,64 Gramm; das ganze Fleisch enthält in seiner Asche über 40 Procent Kali; das ausgekochte Fleisch nur 4,78 Procent [1].

Die ganze Menge der Salze des Fleisches wäre nöthig und zureichend gewesen, um aus dem Fleischfibrin und Albumin Blut von gleichen Eigenschaften, wie das im lebendigen Leibe vorhandene Blut zu erzeugen, und es ist vollkommen einleuchtend, dass mit der Hinwegnahme von ⅘ (82 Procent) von diesen zur Blutbildung unentbehrlichen Salzen das Fleisch um eben so viel an seinem Blutbildungswerth verlor. Durch den Mangel an Salzen wurde die Fähigkeit des Fleisches, eine Veränderung in dem Leibe zu erleiden, nicht aufgehoben, aber seine

  1. Zusammensetzung der Fleischasche nach Keller:
    Phosphorsäure 36,60
    Kali 40,20
    Erden und Eisenoxyd 5,69
    Schwefelsäure 2,95
    Chlorkalium 14,81
    100,25
    davon gehen beim Kochen des Fleisches in die Fleischbrühe es bleiben im Fleisch Rückstand
    Phosphorsäure 26,24 10,36
    Kali 35,42 4,78
    Erden und Eisen 3,15 2,54
    Schwefelsäure 2,95
    Chlorkalium 14,81
    82,57 17,68

    Die Fleischbrühe enthält 0,46, der Rückstand 1,42 phosphorsaures Eisenoxyd.

Empfohlene Zitierweise:
Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_290.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)