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allmählich alle löslichen Salze des Blutes und aller thierischen Flüssigkeiten, das Kochsalz, die phosphorsauren Salze, Natron und Kali aus. Der Kohlenstoff und Wasserstoff des Blutes, der Muskelfasern und aller einer Veränderung fähigen Gebilde des Thierkörpers kehren in die Atmosphäre zurück, der Stickstoff, so wie die löslichen anorganischen Bestandtheile werden in der Form von Harn der Erde zugeführt.

Wir haben in dem Obigen die Veränderungen betrachtet, welche in dem gesunden Thierkörper in jedem Lebensmoment vor sich gehen, wir wissen, dass ein Theil des Körpers im gesunden Zustande unaufhörlich austritt, und es ist klar, wenn das ursprüngliche Gewicht wieder hergestellt werden soll, so müssen ihm Stoffe zugeführt werden, aus denen sich das Blut und die ausgetretene Körpersubstanz wieder erzeugen. Diese Zufuhr geschieht durch die Speisen. In einem normalen Gesundheitszustand beobachtet man an dem Körper des erwachsenen Menschen, von vierundzwanzig zu vierundzwanzig Stunden, keine merkliche Gewichtszunahme oder Abnahme. Im jugendlichen Alter nimmt das Gewicht allmählich zu, im Greisenalter nimmt es ab. Es ist klar, dass die Speisen den Abgang der ausgetretenen Körpertheile wieder ersetzt haben, dass durch sie dem erwachsenen Thiere genau so viel Kohlenstoff, Stickstoff, Wasserstoff und von den übrigen Elementen wieder zugeführt wird, als an diesen Stoffen durch Haut, Lunge und Harnblase ausgetreten ist. Im jugendlichen Alter ist die Zufuhr grösser, ein Theil der Bestandtheile der Speisen bleibt im Körper, im Greisenalter ist sie kleiner, oder es tritt mehr aus als ein. Es kann hiernach nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, dass wir in den festen und flüssigen Excrementen der Menschen und Thiere bis auf eine gewisse Menge Kohlenstoff und Wasserstoff, welche durch Haut und Lunge ausgetreten sind, alle anderen Elemente ihrer Nahrung wieder bekommen.

Wir haben dem erwachsenen, dem jungen und alten Thierkörper in der Nahrung Stickstoff zugeführt, und wir bekommen täglich diesen Stickstoff wieder in der Form von Harnstoff, wir bekommen im Harn die ganze in der Speise enthaltene Quantität der zugeführten Alkalien[1], alle löslichen phosphorsauren und schwefelsauren Salze wieder. In den festen Excrementen befinden sich eine Menge von Stoffen, welche in den Speisen enthalten, durch die Organe der Ernährung keine Veränderung erlitten, unverdaubare Materien, wie Holzfaser, Blattgrün, Wachs, die verändert oder unverändert wieder ausgestossen werden. Der ganze Ernährungsprocess im Thiere, die Wiederherstellung der ausgetretenen Körpertheile oder ihre Zunahme an Masse geht, wie die Physiologie lehrt, von dem Blute aus. Der Verdauungsprocess hat die Verwandlung der Nahrung in Blut, die Aufnahme aller in der Speise enthaltenen, zur Blutbildung dienenden Substanzen zum Zweck, was sich ausdrücken lässt (da nur stickstoffhaltige Materien hierzu geeignet sind) als eine fortschreitende Entziehung von Stickstoff, welche die Nahrung bei ihrem Durchgang durch die Eingeweide erfährt. Es ist klar, dass die festen Excremente ihres Stickstoffes beraubt sein müssen, wenn sie der Körper ausstösst, sie können nicht mehr Stickstoff enthalten, als den Secretionen der Eingeweide zukommt, welche den Durchgang der Fäces vermitteln. Durch die Fäces wird ferner der in der Nahrung enthaltene und von

  1. WS: korrigiert, im Original: Akalien
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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_331.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)