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Kalks enthalten, welcher ein Hauptbestandtheil der Asche unserer Wiesenpflanzen und Futterkräuter ist. Die Wirkung des Guano auf unsere Kornfelder ist demnach mit den Händen zu greifen. Wir haben ihnen seit Jahrhunderten durch den Kornbau die Aschenbestandtheile des Korns und in dem ausgeführten Vieh noch überdies eine grosse Menge phosphorsauren Kalk (in ihren Knochen) entzogen, ohne allen Wiederersatz; die Bedingungen zur Stroherzeugung haben wir den Feldern gelassen.

Das Steigen der Kornerträge bei Düngung mit Guano ist die naturgesetzliche Folge des Wiederersatzes der Kornbestandtheile, die wir den Kornfeldern mit einem so grossen Kraftaufwand abgequält hatten; das Erstaunen des Kornbauers über die so mächtige Wirkung des Guano beruht eigentlich nur darauf, weil er sieht, dass ein paar Hände voll Guano mehr wirken als ein Karren Mist, und weil an der kleinen Quantität des Düngers und dem grossen Mehrertrag an Korn seine Vorstellungen über den Mist völlig zu Schanden werden.

Für unsem erfahrenen Lehrer der praktischen Landwirthschaft ist der Guano, wie sich von selbst versteht, nur ein Mittel zur Misterzeugung. Der landwirthschaftliche Begriff des Guano ist der eines „Beidüngers“, den wir brauchen sollen so lange seine Quelle fliesst, zur Vermehrung unsers Düngercapitals. (W. S. 137.)

Dass die Wirkung des Guano auf seinem Gehalt an flüchtigen und verbrennlichen Stoffen beruht, darüber besteht natürlich kein Zweifel; hören wir was der Erfolg seiner Anwendung sein wird.

„Der allgemeine Gebrauch von Guano kann nur einen ähnlichen Erfolg haben, wie wenn die bis jetzt auf den Miststätten verlorenen 20 Procent des Düngers in Zukunft benützt werden.“ „Diejenigen Wirthe, welche ihren Mist noch verfaulen lassen, handeln (daher) aber offenbar thöricht Guano zu kaufen, ehe sie jenen gehörig benützen.“ (W. S. 136.) Auf die Aschenbestandtheile des Guano kommt es nicht an.

Die Vorstellungen unseres Lehrers der praktischen Landwirthschaft über das Verhalten der Felder in der landwirthschaftlichen Cultur sind nicht minder eigenthümlich.

Trotzdem dass die Pflanzen alljährlich geerntet werden, kann durchschnittlich das gleiche Erntequantum nachhaltig alljährlich wieder von dem Boden hinweggenommen werden (z. B. auf einer ungedüngten Wiese). Dies ist die natürliche Production des Bodens. Der Boden steht und bleibt auf dem landwirthschaftlichen Beharrungspunkte stehen.“ (S. 103.)

„Sterben die Pflanzen durch ein oder mehrere Jahre auf dem Boden, auf welchem sie gewachsen, ab, und verfaulen daselbst, so sammeln sich in ihm verwesende Stoffe, Verwesungs- und Verwitterungsproducte mehr und mehr an. Hieraus entsteht eine weitere Quelle für beiderlei Arten von Nahrungsmitteln, daher ihre Entwicklung gesteigert wird.“ (S. 104.)

„Durch weitere neue gesteigerte Ernten werden dem Boden mehr Aschenbestandtheile als vorher, so wie die Verwesungsprodukte genommen.“

"Nach einer Reihe von Jahren und einer entsprechenden Anzahl von Ernten sinkt der Boden wieder in seine ursprüngliche Fruchtbarkeit,

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 416. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_416.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)