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gesellig zu Paaren starben Katzen in etwa 4–6 Wochen. Auch bei diesen fand sich Schwerathmigkeit und Erlahmung der Extremitäten in stetig zunehmendem Grade als Folge des längern Aufenthaltes bei abnehmender Esslust, ganz so wie beim Menschen, nur viel heftiger, auffallender und in kürzerer Zeit.“

„Auch beim Menschen würde diese Erscheinung in kürzerer Zeit eintreten, wenn der Aufenthalt am Berg ein stetiger wäre, und es ergiebt sich von selbst, warum der Knappe das Bedürfniss des wöchentlichen Bergabganges fühlt und den weiten Weg des Zu- und Abganges auch bei stürmischer Zeit nicht scheut eben weil er trotz der Beschwerde des Ganges sich Wohlbefinden, Esslust und Kraft wahrt.“

Böckstein, am 12. August 1858.

K. Reissacher.


Zum 32. Brief.

Eine neue Fleischbrühe für Kranke. Man nimmt zu einer Portion dieser Fleischbrühe ein halb Pfund Fleisch von einem frisch geschlachteten Thiere (Rind- oder Hühnerfleisch), hackt es fein, mischt es mit ein und ein achtel (1⅛) Pfund destillirtem Wasser, dem man vier Tropfen reine Salzsäure und ½ bis 1 Quentchen Kochsalz zugesetzt hat, gut durcheinander. Nach einer Stunde wird das Ganze auf ein kegelförmiges Haarsieb, wie man in allen Küchen hat, geworfen, und die Flüssigkeit ohne Anwendung von Druck oder Pressung abgeseiht. Den zuerst ablaufenden trüben Theil giesst man zurück, bis die Flüssigkeit ganz klar abfliesst. Auf den Fleischrückstand im Siebe schüttet man in kleinen Portionen ein halb Pfund destillirtes Wasser nach. Man erhält in dieser Weise etwa ein Pfund Flüssigkeit (kalten Fleischextract) von rother Farbe und angenehmem Fleischbrühgeschmack. Man lässt sie den Kranken kalt tassenweise nach Belieben nehmen. Sie darf nicht erhitzt werden, denn sie trübt sich in der Wärme und setzt ein dickes Gerinnsel von Fleischalbumin und Blutroth ab.

Die Erkrankung eines jungen achtzehnjährigen Mädchens in meinem Hause am Typhus gab Veranlassung zu dieser Zubereitung; sie wurde durch die Bemerkung meines Hausarztes (Dr. Pfeufer) hervorgerufen, dass in einem gewissen Stadium dieser Krankheit die grösste Schwierigkeit die sich dem Arzte darbiete, in der mangelhaften Verdauung liege, eine Folge des Zustandes der Eingeweide, und noch ausserdem an dem Mangel an einem zur Blutbildung und Verdauung geeigneten Nahrungsmittel. In der gewöhnlichen durch Kochen bereiteten Fleischbrühe fehlen in der That alle diejenigen Bestandtheile des Fleisches, die zur Bildung des Blutalbumins nothwendig sind, und das Eigelb, welches hinzugesetzt wird, ist sehr arm an diesen Stoffen, denn es enthält im Ganzen 82½ Procent Wasser und Fett und nur 17½ Procent an einer dem Eieralbumin gleichen oder sehr ähnlichen Substanz, und ob diese dem Fleischalbumin in seiner Ernährungsfähigkeit gleich steht, ist nach den Versuchen Magendie’s

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 472. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_472.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)