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zur Königswahl gedeutet; schliesslich wird er zum deutschen König gewählt und die vorher verpönte unio regni ad imperium ist in der Person des Thronfolgers hergestellt.

Das Verhalten Friedrichs erscheint um so verwerflicher, als er, um sein Ziel zu erreichen, einerseits den Papst durch heuchlerische Zusicherungen für den Kreuzzug täuschte, andererseits die Wahl des jungen Heinrich bei den deutschen Fürsten nur mit Preisgebung der werthvollsten königlichen Rechte erkaufte: mit dem berühmten Privileg für die geistlichen Fürsten wurde die Erfüllung seines Lieblingswunsches bezahlt. Das schlechte Gewissen des Königs spricht deutlich genug aus dem „verlegenen und trügerischen“ Berichte an den Papst über die Königswahl Heinrichs[1]. Hier stellt er sich an, als ob er gar nicht begreifen könne, dass der Papst an der Wahl seines Sohnes Anstoss nehme; früher habe er allerdings sich um Heinrichs Erhebung bemüht, die jetzt erfolgte Wahl aber wäre ohne sein Zuthun durch freien Entschluss der Fürsten zu Stande gekommen. Er habe sogar seine Einwilligung geweigert, bis der Papst der Wahl zugestimmt hätte; sein Hofkanzler sollte nach Rom reisen, um dem Papste die Wahlacten vorzulegen, sei aber bisher durch Krankheit daran verhindert worden.

Diesen ganzen Bericht betrachtet man als eine lügnerische Entschuldigung an den leicht zu täuschenden päpstlichen Greis, dessen Gutmüthigkeit sich Friedrich zu Nutze gemacht habe, um ihm mit der vollendeten Thatsache entgegenzutreten[2].

Denn kurz vor der Königswahl Heinrichs hatte Friedrich das Versprechen, welches er am 1. Juli 1216 Innocenz gegeben hatte, Honorius gegenüber wiederholt, und zwar wiederum unter der ausdrücklichen Anerkennung, dass die vollständige Trennung Siciliens vom Kaiserreiche bestehen bleibe[3], ja in dem Berichte über die Wahl selbst giebt er die feierliche Zusicherung, an der Trennung Siciliens vom Kaiserreiche nach wie vor festzuhalten. Treibt Friedrich hier ein frivoles Spiel mit Worten[4]? Hat er

  1. Böhmer-Ficker 1143.
  2. Vergl. Böhmer, Regesta cap. XXVI und zu Nr. 359. Ficker in Böhmer-Ficker 1143 acceptirt das Urtheil Böhmers; vergl. auch Berthold, Die Entwicklung der Landeshoheit p. 79 ff.
  3. Böhmer-Ficker 1201.
  4. Dies scheint die Meinung von Berthold (S.84) zu sein; vergl. aber
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_100.jpg&oldid=- (Version vom 9.11.2022)