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Herrschaftsverhältniss des Reiches über Sicilien voraus, sagen wir gleich eine Lehnshoheit des Reiches über Sicilien: sie sprechen nicht sowohl von der Verbindung zweier selbständiger Reiche zu einer Gemeinschaft durch Realunion, als vielmehr von dem Anrecht des imperium an dem regnum, als einem Theile des grossen Ganzen. In der Urkunde vom 1. Juli 1216 sichert Friedrich dem Papste zu: ne forte pro eo, quod nos dignatione divina sumus ad imperii fastigium evocati, aliquid unionis regnum ad[1] imperium quovis tempore putaretur habere[2]. Deutlicher ist das Verhältniss in einem Briefe der Reichsfürsten an Honorius bezeichnet: sie bestätigen die Privilegien Friedrichs an die römische Kirche, und auch die Abmachungen tam super facto imperii, quam super facto regni Siciliae, ita quod imperium nihil cum dicto regno habeat unionis vel alicujus jurisdictionis in ipso[3].

In der Urkunde, welche Friedrich unmittelbar vor seiner Kaiserkrönung dem Papste ausstellt, bekennt er: imperium prorsus nihil juris habere in regno Siciliae, nec nos ratione imperii obtinere aliquid juris in ipso. Also das Reich habe kein Recht an Sicilien, und er wolle auch als Kaiser kein Recht über Sicilien in Anspruch nehmen. Auch als Kaiser nicht! Als ob ihm die Kaiserwürde ein besonderes Anrecht auf Sicilien hätte verschaffen können! Nur als Erbe seiner Mutter[4] und unter Anerkennung der Lehnshoheit der Curie will er in Sicilien die Herrschaft ausüben.

Wie verhielt es sich nun überhaupt mit dem Anrecht des Reiches an dem Königreich Sicilien?

Es ist bekannt, dass Heinrich III. für das Reich die Oberhoheit

  1. Nicht etwa: et.
  2. Huillard-Bréholles I, 469; Böhmer-Ficker 866.
  3. Huillard-Bréholles I, 2, p. 763; Böhmer-Ficker 1112. Diese Anerkennung kommt auch in dem Briefe Friedrichs vom 13. Juli 1220 (Böhmer-Ficker 1143; Winkelmann, Acta imp. Nr. 180, p. 157) zum Ausdruck: nam etsi in regno jus aliquod ecclesia non haberet, et nos sine herede legitimo decedere legitimo eveniret, prius ipso Romanam ecclesiam, quam imperium dotaremus. Er will Sicilien also dem Reiche schenken, nicht Sicilien mit dem Reiche vereinigen!
  4. Cum ad nos non ratione patris aut praedecessorum ipius, sed ex matris tantum successione pervenerit, quae a regum Siciliae stirpe descendit. Böhmer-Ficker 1201.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_104.jpg&oldid=- (Version vom 9.11.2022)