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Der Herzog spricht[1] mit einem ausserordentlichen Gefühl von der Grösse und Erhabenheit seiner Stellung, verfährt wie ein

    Stiftungsbrief Rudolfs und eine entsprechende Urkunde der Stadt an den Papst. Kink entnahm jenes Schreiben einer späteren Abschrift und scheint desshalb nicht ganz ohne Zweifel über die Echtheit gewesen zu sein. Allein dazu war kein Anlass, und Denifle theilt I, 605 Anm. 1571 mit, dass das bezügliche Schreiben Urbans in den Regesten stehe.

  1. Dieser Stiftungsbrief ist sowohl in lateinischer als auch, offenbar aus Rücksicht auf die Bürger von Wien, in deutscher Sprache ausgefertigt worden und ist ungewöhnlich ausführlich. Hormayer, Wien, V, p. XLVII f. und Kink II, p. 3 geben den lateinischen Text; Kink gibt dazu in den Anmerkungen einige Sätze der deutschen Fassung. Nach einer Aufzählung der zahlreichen Herrschertitel des Hauses Oesterreich gibt der Herzog seinem fürstlichen Selbstgefühl Ausdruck in den Worten Omnipotentis Dei Clemencia, que de sue divine Majestatis throno et celsitudine nos a cunctis nostris prioribus in hec tempora naturali propagine et antiquo stipite principatus decoravit tytulo et committendo nobis sue gentis multitudinem et terre latitudinem non modicas nos eciam voluit principari. Dafür gebühre ihm dankbar zu sein und das zu fördern, was zum Lobe Gottes und zur Verbreitung des Glaubens gereiche. Desshalb wolle er zum Wohle des Landes und zur Ehre des Herzogthums Oesterreich und der Stadt Wien in den Formen, welche die von den Kaisern und Königen diesem Herzogthum verliehenen Privilegien forderten, auf Grund der Bewilligung Papst Urbans V. in Wien ein Generalstudium für alle erlaubten Facultäten errichten.
    Am Schluss tritt das fürstliche Selbstgefühl in ähnlicher Weise hervor und noch deutlicher in dem von Rudolfs Bruder und Nachfolger Albrecht III. 1384 erlassenen Stiftungsbrief, in welchem es (Kink II, 49 Nr. 10, Zeile 6 ff.) geradezu heisst: Nos… Albertus, dux Austrie, cujus principatum et amministracionem cum auctoritate seu potestate plenaria Domino auctore feliciter possidemus et gerimus.
    Herzog Rudolfs Stiftungsbrief hat in der Wortfassung weder mit dem Krakauer noch mit irgend einem anderen nähere Verwandtschaft, wohl desshalb, weil Paris als Muster vorschwebte, Paris aber nicht durch Stiftungsbrief begründet worden war. Eigenthümlich ist schon die Bezeichnung des Generalstudiums als publicas et privilegiatas scolas et studium generale und dann etwas verändert mit Umstellung des Beiworts privilegiatum als scole publice ac generale et privilegiatum studium. Es ist ein lehrreiches Beispiel der leicht zu künstlichen Unterscheidungen verführenden Doppelbezeichnung und sodann zugleich ein Beweis, dass der Zusatz privilegiatum nicht als wesentlich betrachtet wurde. Der Begriff ist schon durch studium generale sichergestellt, der Zusatz privilegiatum ist nicht nothwendig und ist auch mehrfacher Deutung fähig. Er kann sagen, dass dies Studium allerlei Privilegien empfangen habe oder dass dasselbe durch ein privilegium, das heisst durch einen Stiftungsbrief (von Papst, Kaiser oder Landesherrn) gegründet worden sei. Von Paris, Oxford, Bologna u. s. w. war es
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_144.jpg&oldid=- (Version vom 10.11.2022)