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der Erfurter Schulen um 1282, aber dies Gedicht gibt ein anschauliches Bild von dem völlig studentischen Treiben dieser Scholaren, die gegen 1000 an Zahl waren und auch die höheren Zweige der Artes pflegten. Ob die Magister je für sich lehrten, oder ob eine gemeinsame Ordnung aufgerichtet war, davon begegnet in dem Gedichte keinerlei Andeutung, aber von einem anderen Zeitgenossen hören wir, dass man damals von dem „Studium zu Erfurt“ sprach[1], und 1293 sollen, ob zum ersten Male oder in Erneuerung, gemeinsame Statuten gegeben worden sein[2]. Sie wurden erlassen durch die Capitel der Stifter, deren Schulen sich zu dieser Ausdehnung entwickelt hatten und unter Genehmigung der landesherrlichen (Mainzer) Behörden. Die Schulen waren also nicht nur über den Rahmen einzelner Stiftsschulen hinausgewachsen, sondern standen auch in einer gewissen Gemeinschaft miteinander; andererseits aber zeigt die Nachricht, dass die Schulen die Verbindung mit den einzelnen Capiteln noch nicht gelöst hatten. Dies könnte jedoch nicht hindern, die Erfurter Schulen als Generalstudium aufzufassen, wenn andere Thatsachen darauf hinweisen; denn auch in Paris erhielt sich mitten in der Entwicklung des Generalstudiums der alte Gegensatz der Domschulen und der Schulen von S. Genovefa und führte sogar zu dem doppelten Kanzleramt. Andererseits konnte aber auch eine bloss thatsächliche Gemeinschaft unter den Schulen bestehen, keine rechtlich begründete. Die Nachrichten sind also nicht bestimmt genug, um über das Mass zu urtheilen, bis zu welchem damals die rechtliche Ausbildung der Schulen zu einer gemeinsamen Lehranstalt gediehen war, auch weiss man nicht, ob sich dieses Erfurter Studium selbst als Generalstudium betrachtete und bezeichnete: aber jedenfalls war thatsächlich eine den Generalstudien ähnliche Bildung im Gange.

Aus dem 14. Jahrhundert liegen bis zum Erlass des päpstlichen Privilegs 1379 nur zwei Nachrichten vor[3], aber sie

  1. Levold Northof sagt in seiner Chronik zum Jahre 1294: eodem anno transtuli me ad studium in Erfurt. Meibom. Rerum German. I, 393.
  2. Chron. Engelhusii (Leibnitz, Scriptores rer. Brunswic. II, 1123) facta fuerunt statuta pro scholaribus et rectoribus scholarum Erffordiae per omnia ibi capitula et per judices s. sedis Maguntinae confirmata, quae merito servarentur in omni schola.
  3. Weissenborn, Acten der Universität Erfurt I, p. VIII. Sie sind
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Quidde (Herausgeber): Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg i. Br. 1889, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_147.jpg&oldid=- (Version vom 10.11.2022)