Seite:De DZfG 1889 01 168.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Johannis bapt. verwechselte. Eine sehr deutlich sprechende Bestätigung für diese Vermuthung haben wir in der Jahresangabe 1256, die man bisher ohne weiteres in 1255 glaubte ändern zu müssen. Johannis ev. 1256 ist nach der alten Jahresrechnung mit Weihnachtsanfang eben der 27. Dec. 1255; die Jahresangabe 1256 in der Quelle des Nauclerus ist also ganz richtig und eine Aenderung nicht erforderlich.

Selbstverständlich wäre durch diese Beachtung des Johannestages zunächst nur eine Erklärung gegeben, wie das Datum entstanden sein könnte; man hat die Möglichkeit gewonnen, die Nachricht zum Dec. 1255 einzureihen, ohne das überlieferte Datum als ungelöstes Räthsel stehen zu lassen. Aber die übrigen Thatsachen der Ueberlieferung, der Zusammenhang des Berichts bei Nauclerus und der Gang der Ereignisse unterstützen auf das Entschiedenste diese Einreihung, die nur durch das unerklärbare Datum des 24. Juni bisher untersagt zu werden schien. Allerdings wird man nun nicht behaupten können, dass der Bericht des Nauclerus in jeder Einzelheit richtig sei. Er ist offenbar dadurch beeinflusst, dass Nauclerus von dem ersten Zuge Wilhelms gegen die Friesen nichts weiss. Der Winterfeldzug ward nicht erst, wie Nauclerus angibt, während des Kölner Hoftages beschlossen, sondern ist vorher vorbereitet worden. Auch wird man zweifeln können, ob der 27. Dec nun gerade das Datum ist, zu welchem die Versammlung berufen war; denn man kommt damit an Wilhelms Aufbruch aus Köln, der schon am folgenden Tage stattgefunden haben soll, etwas zu nahe heran. Möglich, dass der 27. Dec. der Tag der Schlussberathung, der Verkündigung der Romfahrt oder des Ausschreibens für die Heeressammlung in Augsburg war. Dergleichen Verwechslungen liegen ja so nahe, dass sie ohne Bedenken angenommen werden dürfen.

Wesentlich aber ist die Ansetzung des Hoftages im Dec. 1255 und die Sicherung der damit zusammenhängenden Nachricht über das Romzugsproject, und dieses Ergebniss ist insofern nicht unwichtig, als die einzige genauere Kunde über das Project eben in dieser Notiz enthalten ist. Man sieht aus ihr, wie ernstlich doch der Romzug ins Auge gefasst war und erhält ein Zeugniss für die Bedeutung der Erfolge, die das Jahr 1255 dem König gebracht hatte. So lange Konrad lebte, nur ein particularistischer Gegenkönig, schien Wilhelm jetzt befähigt, im Innern und nach Aussen als Vertreter des Reichs und der Reichspolitik aufzutreten.

Der Verlauf der Ereignisse würde in Kürze folgender sein: Im Frühjahr und dann im Spätherbst 1255 hatte Wilhelm mit überraschend grossem Erfolg, die Organisation des Rheinischen Bundes

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_168.jpg&oldid=- (Version vom 11.11.2022)