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von Bergamo, das 1218 zwischen Abgesandten der französischen und der lombardischen Gruppe der Waldenser stattfand und eine lange dauernde Trennung beider Parteien herbeiführte, war die Propaganda der lombardischen Armen in Süddeutschland bereits organisirt: wenige Jahre nach jenen Verhandlungen werden die deutschen Reiseprediger und ihre Gläubigen von dem Misserfolg des Gespräches in Kenntniss gesetzt, und zwei Angehörige der lombardischen Genossenschaft, Ugolo und Algosso, zur näheren Informirung der Glaubensgenossen in Deutschland entsandt[1]. Nur den lombardischen Zweig der waldensischen Secte, welcher der Kirche gegenüber eine weit schroffere Haltung einnahm als die französische Gruppe, sehen wir künftig in Deutschland vertreten, und bis in das 15. Jahrhundert hinein ist das deutsche Waldenserthum der Centralleitung der lombardischen oder italienischen Armen untergeordnet geblieben.

Wie allerwärts, so trafen die Waldenser auch in Oesterreich den Boden für die Verbreitung ihrer Reformideen durch die ihnen vorangegangenen Katharer – auch deren Ausgangspunkt ist ohne Zweifel die Lombardei gewesen – vorbereitet. Zum Jahre 1210 berichten die Klosterneuburger Annalen[2] von einer Verfolgung

    Illustrium mirac. et histor. lib. V, cap. 20. Berger, La bible française au moyen-âge S. 37 ff. Ueber Waldenser zu Montpellier vergl. Cäsar. v. Heisterbach a. a. O. Ueber Edicte gegen Waldenser im Bisthum Toul im Jahre 1192 vergl. Martène et Durand, Thesaurus novus anecdotor. IV, 1180. Auch die 1212 und 1215 in Strassburg processirten Ketzer (vergl. C. Schmidt, Die Sekten zu Strassburg im Mittelalter. Zeitschrift für hist. Theologie X (N. F. IV, 1840), Heft 3, S. 31 ff.) sind wohl den Waldensern zuzurechnen. Ueber die angeblichen Verbindungen dieser Strassburger Waldenser mit Glaubensgenossen in Böhmen und deren Führer Birkhardus vergl. Excurs I.

  1. Vergl. die beiden genannten Abhandlungen von Preger, sowie die Schrift von K. Müller, Die Waldenser und ihre einzelnen Gruppen während des Mittelalters (Sep.-Abdr. aus den Theolog. Studien und Kritiken, Jahrgang 1886 und 1887) S. 27 (691). Das Sendschreiben kann kaum später als einige wenige Jahre nach dem Religionsgespräch des Jahres 1218 abgefasst sein, da, wie Preger bereits gesehen, von den sechs Abgeordneten zu jenem Gespräche sich fünf als Absender des Schreibens zeichnen, unter ihnen auch die Brüder Thomas und Johannes Franceschus (al. Francigena), über deren Angelegenheit zu Bergamo verhandelt worden war; andererseits scheinen die von Preger zuletzt geltend gemachten Grunde die Abfassung des Schreibens unmittelbar nach dem Gespräch von Bergamo auszuschliessen.
  2. Mon. Germ. Script. IX, 621 (vergl. 635) ad a. 1210: Pestilens heresis
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 286. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_286.jpg&oldid=- (Version vom 16.11.2022)