Seite:De DZfG 1889 01 298.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

über diese Inquisition verdanken[1]. Der Verfasser hat nach seiner Angabe an der gegen die österreichischen Ketzer angestellten Untersuchung oft Antheil genommen, zeigt sich (von wenigen Ausnahmen abgesehen) mit den Glaubenslehren derselben wohl vertraut und liefert uns vor Allem einen mit seltener Ruhe und Unparteilichkeit abgefassten, seinem Verfasser dadurch zu hoher Ehre gereichenden Bericht. Mangels genauerer chronologischer Angaben können wir nur vermuthen, dass die Anfänge dieser österreichischen Inquisition mit der uns aus der Bulle Alexander’s IV. vom Jahre 1257 bekannt gewordenen Ketzerverfolgung zusammenfallen, vielleicht auch mit der oben erwähnten Kirchenvisitation vom Jahre 1259 in Verbindung zu bringen sind. Dass die Initiative von König Otakar ausgegangen ist, lässt sich um so sicherer annehmen, als die Mittheilungen des Passauer Anonymus sich ausschliesslich auf den österreichischen Theil der Passauer Diöcese beschränken, was doch wohl kaum der Fall wäre, wenn die Inquisition sich auf die gesammte Diöcese Passau erstreckt hätte. Den Höhepunkt hat die Thätigkeit der Inquisition i. J. 1266 erreicht, in welchem in weit über 40 Ortschaften Oesterreichs, von der Grenze Baierns bis nach Wien und vom Alpengebiete bis an die mährische Grenze ketzerische Conventikel aufgespürt wurden[2]. Sie alle

  1. Ueber das Folgende vergl. namentlich Preger, Beiträge a. a. O. S. 184 ff., 220 ff., wo zum ersten Male die Bedeutung des sogenannten Pseudorainer (theilweise gedruckt in Gretser, Opera tom. XII, Bibliotheca max. Lugd. XXV, S. 262 ff., Flacius Illyricus, Catalogus testium veritatis. Francof. 1666, S. 641 ff.) erkannt und gewürdigt worden ist. Die Entstehungszeit zwischen 1260–1270 hat Preger, Ueber das Verhältniss der Taboriten zu den Waldesiern a. a. O. S. 30 gegen K. Müller (a. a. O. S. 147 [121] ff.) nachgewiesen.
  2. Preger, Ueber das Verhältniss der Taboriten etc. S. 30. Das Verzeichniss der „Schulen“ der Waldenser findet sich bei dem Passauer Anonymus (am vollständigsten bei Preger, Beiträge S. 241 aus CLM. 9558; unvollständiger in Bibliotheca max. XXV S. 264 D), ferner als Anhang zu dem Bericht über die Inquisition von Krems vom Jahre 1315 in zwei ziemlich verschiedenen Fassungen bei Pez, Script. Austriac. II, col. 536, und bei Friess, Vierteljahrsschrift etc. a. a. O. S. 254 ff. Ein Zweifel über die Identität der von dem Passauer Anonymus und in dem Berichte von 1315 mitgetheilten Ortslisten ist durchaus ausgeschlossen. Am engsten schliesst sich an den Anonymus die von Pez benutzte Hs. von St. Florian an, die mit wenigen Ausnahmen auch dieselbe Reihenfolge in der Aufzählung der Orte, wie der Anonymus, beobachtet; doch ist auch die Abweichung der
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 298. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_298.jpg&oldid=- (Version vom 16.11.2022)