Seite:De DZfG 1889 01 309.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Verlauf der Bischof, aber auch König Johann von Böhmen dem Papste als Beschützer der Ketzer denuncirt wurden[1]. Bekanntlich haben die gegen den Bischof von einem persönlichen Feinde, dem Domherrn Heinrich von Schönburg, erhobenen Anklagen im Jahre 1318 zur Suspension und Vorladung desselben nach Avignon geführt, von wo er erst im Jahre 1329 in seine Diöcese zurückkehrte. In wieweit jene Wirren durch den gleichzeitig in Böhmen tobenden Bürgerkrieg[2] mitherbeigeführt waren, entzieht sich der Entscheidung.

Die unmittelbar nach der Abberufung des Prager Bischofs von der Curie ergriffenen Massregeln belehren uns, dass man die Gefahren, mit welchen die Verbreitung der Häresie in Böhmen und den Nachbarländern die Kirche bedrohte, als sehr ernste angesehen hat. Eine wahre Fluth von päpstlichen Bullen ging am 1. Mai 1318 an die Bischöfe von Olmütz, Meissen und Krakau, an den König von Böhmen, den Markgrafen von Meissen, die Herzöge von Krakau und Breslau, die böhmischen Landherren und die Magistrate der böhmischen und mährischen Städte aus, welche den Adressaten die geschehene Ernennung von päpstlichen Inquisitoren für die bezeichneten Gebiete ankündigten und deren eifrige Unterstützung in dringlichster Weise forderten. Die an die Bischöfe gerichteten Bullen enthalten den Vorwurf, dass diese nicht wachsam genug ihres Amtes gewaltet und damit dem Umsichgreifen der Ketzerei Vorschub geleistet hätten. Zu Inquisitoren für die Diöcesen Krakau und Breslau werden der Dominicaner Peregrinus von Oppeln und der Minorit Nicolaus Hyspodinet von Krakau, zu solchen für die Diöcesen Prag und Olmütz der Dominicaner Colda aus dem böhmischen Herrengeschlechte von Colditz[3] und der Minorit Hartmann von Pilsen ernannt[4].

  1. Vergl. Palacky, Ueber die Beziehungen und das Verhältniss der Waldenser zu den ehemaligen Secten in Böhmen (1869) S. 12 ff.; Tomek, Gesch. der Stadt Prag S. 580 f.; Dudik II, 136 f., 101 Nr. 146.
  2. Vergl. Palacky, Geschichte von Böhmen II, 2, S. 113 ff.
  3. Vergl. über ihn – er war zugleich päpstlicher Pönitentiar und Lector im Prager Dominicanerkloster – Tomek’s Geschichte von Prag I, S. 485, 520.
  4. Die päpstlichen Schreiben in Codex dipl. et epistol. Moraviae VI, 101–106, auch bei Wadding, Annales minorum VI, ad a. 1318 Nr. 2–6 und Theiner, Vetera monum. Poloniae et Lithuaniae I, 137–139.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_309.jpg&oldid=- (Version vom 17.11.2022)