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Ueber die Ergebnisse der in Böhmen angestellten Inquisition sind wir ohne Nachricht. Wir erfahren nur beiläufig, dass die Glaubensrichter auch diesmal wieder dort auf Widerstand stiessen; einen Ordensbruder des Dominicaners Colda, Nicolaus Otachari, den dieser zu seinem Subdelegaten ernannt hatte, haben angeblich die ihm aus Anlass seiner gewissenhaften Ausübung erwachsenen Anfeindungen sogar zum Austritt aus seinem Orden genöthigt[1]. In Schlesien war dagegen schon vor Aufstellung der päpstlichen Inquisitoren eine systematische Ketzerverfolgung seitens der vom Breslauer Bischof Heinrich I. damit beauftragten Breslauer Dominicaner und Minoriten eingeleitet worden. Im Jahre 1315 bestiegen 50 Personen, unter ihnen Weiber und Kinder, in Schweidnitz den Scheiterhaufen; andere Autodafé’s fanden in Breslau, Neisse und anderen Plätzen statt, nicht ohne dass auch hier in weltlichen und klerikalen Kreisen oppositionelle Stimmen gegen das Vorgehen der Inquisition laut geworden wären[2].

Im Herzogthum Oesterreich dauern auch nach der blutigen Verfolgung von 1311–1318 die Klagen über das Ketzerthum fort. In den Mittheilungen des Abtes Johann von Victring über die um 1327 in Oesterreich und Böhmen verbreiteten Häretiker wird die frühere Anklage der Veranstaltung von Orgien in unterirdischen Höhlen gegen die „adamitische Secte“ – zum ersten Male begegnet uns hier die Bezeichnung in diesem Zusammenhang – wiederholt, daneben der Vorwurf der Verwerfung der Messe

  1. Vergl. Dudik II, 102, 104, 194.
  2. Vergl. Grünhagen, Geschichte Schlesiens I, 162 und Anhang 63. Erwünschte Aufschlüsse gewährt auch das von Wattenbach herausgegebene Formelbuch des Domherrn Arnold von Protzan (Codex diplomaticus Silesiae V); Nr. 64 des Formelbuches unterrichtet von der Absetzung eines Geistlichen der Breslauer Domkirche durch Bischof Heinrich I. (1301–1319), der u. a. in einer zu Breslau gehaltenen Predigt für die der Ketzerei Verdächtigen eingetreten war; in Nr. 69 werden die Ketzerverbrennungen in Schweidnitz und Neisse erwähnt und der Klerus zur Verfolgung der flüchtig gewordenen und sich verborgen haltenden Ketzer ermuntert; Nr. 70 und 71 behandelt die Ernennung von Inquisitoren; nach Nr. 72 sind Ketzer nach Neisse geflüchtet, wo sie ihre Lehren verbreiten; in Nr. 89 wird der Famulus eines Breslauer Bürgers, der als Helfer der Ketzer aufgetreten ist und die Inquisitoren bedroht hat, excommunicirt; in Nr. 95 wird der Archidiacon von Glogau, Magister Mirislaus, als der Ketzerei im höchsten Grade verdächtig genannt.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 310. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_310.jpg&oldid=- (Version vom 17.11.2022)