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handelte, machen die zu derselben Zeit gegen die Waldenser in Franken[1], der Mark Brandenburg[2], in Böhmen und Polen eingeleiteten Processe in hohem Grade wahrscheinlich. Die Acten über eine um 1330 in Böhmen und Polen gegen die dortigen Waldenser angestellte Untersuchung waren noch im Besitz des Flacius; seinen Mittheilungen daraus ist die Thatsache des Fortbestehens einer engen Verbindung der lombardischen Centralleitung der waldensischen Secte mit deren Anhängern in Böhmen und Polen zu entnehmen[3]. Auf diese Inquisition bezieht sich ohne Frage eine Reihe von päpstlichen Schreiben, die in den Jahren 1327 und 1330 nach Polen und Ungarn gerichtet wurden. Am 1. April 1327 theilt Papst Johann XXII. dem Erzbischof von Gnesen und dessen Suffraganen, ferner dem Bischof von Kammin und dem König Wladislaw von Polen mit, dass er es für nothwendig befunden, Massregeln gegen die aus Deutschland und Böhmen nach Polen eindringende Ketzerei zu treffen; er habe desshalb dem polnischen Dominicanerprovinzial Vollmacht zur Aufstellung von Inquisitoren ertheilt, die von den Adressaten unterstützt werden sollen[4]. Am 1. Februar desselben Jahres

  1. Vergl. meine „Religiösen Secten in Franken“ S. 4 und 18 ff. Johann von Winterthur berichtet unter dem Jahre 1334 und 1346 über Ketzerverbrennungen in Nürnberg (a. a. O. S. 108 und 236), die ebenso wie die grosse Untersuchung vom Jahre 1332 am ungezwungensten mit der waldensischen Secte, zu deren hauptsächlichsten Stützpunkten Nürnberg zu Ende des 14. und Anfang des 15. Jahrhunderts gehörte, in Verbindung gebracht werden.
  2. Vergl. Wattenbach. Berliner Sitzungsberichte 1887, S. 518, und meine „Husitische Propaganda in Deutschland“ im Histor. Taschenbuch, 6. Folge, VII, (1888) S. 237, Anm. 1. Johann von Winterthur a. a. O. S. 136 (zum Jahre 1338).
  3. Catalogus testium (Frankf. 1666) S. 638. Ein irgendwie stichhaltiger Grund, der Angabe des in seinen Mittheilungen über die Waldenser durchaus zuverlässigen Flacius bezüglich der zeitlichen Ansetzung dieser Inquisition mit Preger (Ueber das Verhältniss etc. S. 6) zu misstrauen, liegt nicht vor; wir werden im Gegentheil im Folgenden das Zeugniss des Flacius über die von Preger angezweifelte polnische Ketzerverfolgung um 1330 ausdrücklich bestätigt sehen.
  4. Theiner, Monumenta vetera Poloniae et Lithuaniae I, 297 f. Der am Anfang des 17. Jahrhunderts schreibende Wengierski gibt an, um 1330 sei die waldensische Secte in der Gegend von Krakau verbreitet gewesen (Krasinski, Histor. sketch of the reformation in Poland I, 53). Ausser den Waldensern wurden um diese Zeit auch Begharden durch die
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_312.jpg&oldid=- (Version vom 17.11.2022)