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Siciliens Widerstand geleistet, weil sie damit die Grenzen des imperium überschritten sahen?

Ich erwähnte schon[1], dass Ficker bei Beurtheilung des Reformplanes Heinrich’s VI. von dieser Annahme ausgegangen ist, dass aber das Zeugniss der zeitgenössischen Quellen ihm widerspricht. Wir sehen die deutschen Fürsten, welche Philipp gewählt haben, an dem Anspruche des Reiches auf Sicilien festhalten; wir sehen, dass der Papst diese Frage ihnen gegenüber mit besonderer Delicatesse behandelt; hätte Innocenz bei ihnen auf Beifall rechnen können, ich zweifele nicht, dass er die sicilische Angelegenheit in seiner Polemik gegen Philipp in den Vordergrund gestellt hätte.

Auch Otto fürchtete den Widerspruch der Fürsten, als er in dem geheimen Versprechen von Speier das päpstliche Recht auf Sicilien anerkannte. Ganz unbegründet würde die Meinung sein[2], dass die deutschen Fürsten an dem sicilischen Unternehmen Otto’s aus principiellen Gründen Anstoss genommen hätten, in diesem Falle würden sie wohl nicht gerade den sicilischen König als Gegencandidaten aufgestellt haben.

Als sie dann unter Friedrich II. die rechtliche Abtrennung Siciliens vom Reiche zugaben[3], zeigt die Thatsache, dass die Curie auf eine solche Anerkennung besonderen Werth legte, dass sie diese keineswegs als selbstverständlich betrachtete.

Die Fürsten werden sich für die rechtlichen Subtilitäten wenig interessirt haben, für sie konnte es nur von Bedeutung werden, ob sie Aussicht hatten, in Sicilien als Beamte verwendet zu werden oder nicht.

Es besteht demnach kein principieller Gegensatz zwischen dem Kaiserreich und dem Königreich Sicilien – weder in den Anschauungen der Italiener noch in den Anschauungen oder Wünschen der deutschen Fürsten. Sicilien ist ein Theil Italiens wie der Kirchenstaat ein Theil Italiens ist, und die Frage nach der Berechtigung der deutschen Herrschaft in Sicilien lässt sich von der Berechtigung der deutschen Herrschaft in Italien nicht trennen. Die letztere[WS 1] Frage ist aber die wichtigste der staufischen

  1. Heft 1 p. 105 ff.
  2. Sollte dieses die Ansicht Winkelmann’s (Otto p. 237, 250) sein?
  3. Böhmer-Ficker, Regesta 1112. Huillard-Bréholles I, 2 p. 763. 23. April 1220.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: letzere
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 334. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_334.jpg&oldid=- (Version vom 9.11.2022)