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Zugleich aber verzichtete Friedrich in den genannten Privilegien darauf, die Versuche zu einer Neubegründung des Königthums fortzuführen, wie sie sein Vater und Grossvater mit dem Erwerb einer Hausmacht in Deutschland unternommen hatten. Diese Bemühungen hatten sich als verfehlt erwiesen; die Ministerialität, in welcher Friedrich I. und Heinrich VI. ihre Stütze gesucht hatten, war mit dem Adel zu einem einheitlichen Stande verschmolzen, sie hatte die strenge Pflicht der Dienstrechte abgeschüttelt. Auf dem Wege, den seine Vorgänger eingeschlagen, liess sich ein grosses arrondirtes Territorium nicht erwerben, ohne mit den concurrirenden Bestrebungen der Fürsten einen erbitterten Kampf aufzunehmen.

Einem solchen Kampfe aber konnte sich Friedrich nicht gewachsen fühlen; die finanzielle Grundlage, welche das Königthum mehr und mehr bedurfte, da der Strom geldwirthschaftlicher Cultur jetzt auch nach Deutschland zu fluthen begann, war für Friedrich nur in Italien, zunächst in Sicilien zu finden. Darum musste es ihm vor allen Dingen daran gelegen sein, die Verbindung des Reiches mit Sicilien zu sichern.

Dies gelang ihm, als er die Wahl Heinrich’s zum deutschen König im Jahre 1220 durchsetzte. Aber hierbei blieb Friedrich nicht stehen; er verwendete das nächste Jahrzehnt, um in Sicilien seine Autorität fest zu begründen; der Kaiser ist in dieser Zeit zu jedem Zugestandniss gegenüber den Fürsten und gegenüber der Curie bereit, welches seine sicilischen Pläne nicht stört. Als ihm die Consolidation des sicilischen Reiches gelungen war, schritt er zur zweiten Aufgabe, welche die Voraussetzung einer Erneuerung der deutschen Königsgewalt bildete. Er konnte den Besitz von Oberitalien nicht entbehren. Die Geschichte der Reichstage von Cremona und Ravenna hatte gezeigt, wie leicht der Weg nach Deutschland gesperrt werden konnte; in der zweiten Periode seiner Regierung ist er wiederum zu jedem Zugeständniss gegenüber den deutschen Fürsten und gegenüber der Curie bereit, soweit es ihm nicht bei der Unterwerfung der Lombardei hinderlich ist. Ficker[1] wundert sich über die Zähigkeit, mit welcher der Kaiser diesen Plan verfolgt hat; sie scheint ihm nicht wohl vereinbar mit der von Böhmer und auch von

  1. Böhmer-Ficker, Regesta p. XIV.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 343. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_343.jpg&oldid=- (Version vom 9.11.2022)