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Zur inneren Entwicklung Castiliens unter Karl V.
Von
J. Bernays.


Der beispiellose Verfall des spanischen Weltreiches von seiner imposanten Machtstellung im 16. Jahrhundert zu der kläglichsten Schwäche im 17. musste aufmerksame Beobachter zu einer Erforschung der Gründe dieses seltsamen Schauspieles reizen. Die nationalökonomische Schule, die in dem unter Karl III. wieder aufblühenden Spanien sich erhob, erkannte, dass der wirthschaftliche Ruin den politischen nach sich gezogen habe, dass die ersten Symptome schon in der Zeit des höchsten Glanzes unter Karl V. und Philipp II. hervortreten. Das durch den Volkskrieg gegen Napoleon unendlich gesteigerte Nationalgefühl war nur zu sehr geneigt, diese Wahrnehmung dahin auszudehnen, dass das fremde Herrschergeschlecht alles Unglück Spaniens verschuldet habe. Von Clemencin[1], der in seiner enthusiastischen Lobschrift der Regierung Isabella’s der Katholischen sein Lichtgemälde durch die düsteren, auf den Nachfolger fallenden Schatten erst recht hervorzuheben wusste, bis auf Ferrer del Rio[2], der in seiner Geschichte der comunidades „Karl von Gent“ als Vernichter der Volksfreiheit an den Pranger stellte, ist dieser Vorwurf immer mehr verschärft worden und hat unleugbar zu starken Uebertreibungen geführt. Es ist daher wohl nur der natürliche Rückschlag, wenn K. Haebler in seiner Schrift: „Die wirthschaftliche

  1. Elogio de la reina catolica Doña Isabel in den Memorias de la real academia de la historia. Vol. VI. Madrid 1821.
  2. Decadencia de España. Primera parte. Historia del levantamiento de las comunidades de Castilla. Madrid 1850.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 381. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_381.jpg&oldid=- (Version vom 18.11.2022)