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Lücke, die den Export der Rohseide zum Nachtheil von Castilien begünstigte, ausgefüllt[1]. Es wurde eine Abgabe von 10 Prozent – das Doppelte des Durchgangszolles nach Castilien – auf die Ausfuhr unverarbeiteter Seide ins Ausland gelegt, ein Zoll, der der heimischen Industrie nur förderlich sein konnte[2]. Da sie zugleich durch das Verbot der Einfuhr fremder Seidenstoffe gegen die ausländische Concurrenz geschützt war[3], scheint sie zu ziemlicher Blüthe gelangt zu sein. 1526 gesteht ihr der venetianische Gesandte Navagero in einzelnen Fabrikaten sogar eine Ueberlegenheit gegenüber Italien zu[4]. Auch in Sevilla und Toledo erhoben sich Seidenwebereien; doch zeichnete sich auch in diesem Industriezweig Spanien mehr durch die Qualität als die Quantität seiner Erzeugnisse aus. Nach der höchsten Angabe, die auf Glauben Anspruch machen kann, waren in Sevilla 3000 Webstühle thätig[5]; Granada hatte um 1540 sogar nur 1000 Webstühle in Betrieb[6].

Nicht so grosser Gunst hatte sich diese Industrie bei Karl V. zu erfreuen. Trotz der Bitten der Cortes erlaubte er die Einfuhr fremder Seidengewebe[7]; er wandte sogar der ausländischen Industrie

    (Nueva Rec. IX tit. 30 ley 4). Wahrscheinlich bestand zwischen dem Maurenreich und den christlichen Staaten nur ein geringer Verkehr, der eine besondere Abgabe unnöthig zu machen schien.

  1. Wahrscheinlich hatte erst inzwischen die Seidenindustrie in Castilien selbst Wurzel geschlagen. Das stimmt zu dem Nachweis Capmany’s, dass sie in Sevilla erst zwischen 1492 und 1502 zu einiger Bedeutung gelangt sein kann (III, 349).
  2. Nueva Recop. IX, tit. 23 ley 7.
  3. Ib. VI, tit. 18 ley 49.
  4. Siehe oben S. 413 Anm. 3.
  5. Capmany III, 350 nach einer Denkschrift von 1650. Selbst sie mag stark übertrieben sein.
  6. Medina (frühere Ausgabe) in den libros de antaño 8, 556.
  7. Zwar nicht schon 1518, wie Haebler 57 behauptet; denn bei Sempere II, 114 ist 1518 ein Druckfehler für 1618; heisst es doch einige Zeilen weiter: el año siguiente de 1619. (Uebrigens hätte Haebler auch bemerken müssen, dass das Citat bei Sempere nicht den Petitionen von 1518 entnommen ist.) Wohl aber scheint das Verbot schon vor 1532 aufgehoben zu sein, soweit man aus der nur verstümmelt erhaltenen Petition 46 dieses Jahres schliessen kann; keinesfalls enthält sie die Bitte um Zulassung der telas de cedaços, wie Haebler (p. 58 Anm. 20) angibt. Wohl aber verfügt sie Karl in seiner Antwort; und bei diesem Bescheide verharrt er 1537 gegen die Beschwerden der Abgeordneten (pet. 84).
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_414.jpg&oldid=- (Version vom 19.11.2022)