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endlich ausglich und in der engen Vereinigung der beiden Seemächte die feste Grundlage schuf für eine europäische Coalition gegen Frankreich. Wiederholt war Ludwig XIV. von scharfblickenden Agenten, wie namentlich d’Avaux, auf die von dorther drohende Gefahr hingewiesen worden, aber er hatte nicht an sie glauben wollen oder mindestens sie arg unterschätzt, vielmehr sich gerade in dem entscheidenden Moment aus Anlass der Pfälzer Erbschaft und der Kölner Erzbischofswahl durch den Angriff auf Philippsburg in einen Krieg mit Deutschland eingelassen und damit seine Kräfte nach einer Seite hin gebunden, wo unter den nun so völlig veränderten Verhältnissen ein entscheidender Vortheil für ihn nicht zu hoffen stand.

Durch diplomatische Künste der verschiedensten Art suchte der König den schweren Fehler, den er begangen hatte, wieder gut zu machen. Eine hervorragende Rolle spielte dabei das Bemühen, Brandenburg bei der französischen Allianz zu erhalten oder für dieselbe zurück zu gewinnen. So sehr der neue Kurfürst Friedrich III. als Freund des Hauses Habsburg bekannt war, so musste bei der damaligen Lage seines Staates die Aussicht doch viel Verlockendes für ihn haben, sich der schweren Belastung, welche die Theilnahme an dem drohenden europäischen Kriege zur Folge haben musste, nach Möglichkeit zu entziehen. In diesem Sinne trat die französische Diplomatie, die in dem General v. Schöning am kurfürstlichen Hofe selbst einen besoldeten Vertreter ihrer Interessen besass[1] wiederholt mit dem Anerbieten erst völliger, dann wenigstens theilweiser Neutralität an Brandenburg heran, ja suchte dasselbe schliesslich durch die Aussicht auf die Erwerbung Schlesiens zu sich herüber zu ziehen[2]. Diese Anträge, für deren Annahme es im Rathe des Kurfürsten nicht an Fürsprechern fehlte, kamen aber zu spät; nachdem Oraniens Zug nach England, der Kirche und Verfassung hatte retten und die geplante Allianz Englands mit Frankreich hatte hindern sollen, wider Erwarten weit Grösseres erreicht und dem bedeutendsten Gegner Ludwig’s XIV. die englische Krone und eine leitende Stellung in der grossen europäischen Politik verschafft

  1. Siehe H. Prutz Brandenburg und Frankreich 1688 in Raumer’s Hist. Taschenbuch 1885, hrsg. von Maurenbrecher S. 9–10.
  2. Ebendas. S. 20 ff.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 431. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_431.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2022)