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vor dem neuen Landesherrn die Polen vertragsmässig zustehende Eventualhuldigung in Empfang zu nehmen, zumal dabei „zugleich wegen den habenden praetensionen Erinnerung geschehen könne, weil die Kurfürstliche Durchlaucht bei jetziger conjunction leichter zur reflexion ad justa nostra desideria gebracht werden könne“.

Was die „habenden praetensionen“ und die „justa nostra desideria“ bedeuten, war klar genug. Schon hatte man in ihrem Interesse mit den preussischen Ständen geheime Verbindungen angeknüpft. Gleich nach dem Thronwechsel im Mai 1688 hatte der Cardinal Radziewski nach dem katholischen Ermeland die Weisung gehen lassen, man möge dem zur Huldigung reisenden Kurfürsten zuvorkommen, denn jetzt sei die gewünschte Gelegenheit geboten, um das Herzogthum Preussen wieder an sich zu bringen, „und brauche man dazu nicht so viel Geld und Truppen wie zur Wiedergewinnung von Podolien und Kaminiez“: d. h. für die Enttäuschung, welche der Türkenkrieg der polnischen Eroberungslust bereitet hatte, dachte man sich durch die Zurücknahme Preussens schadlos zu halten. Der Oberschenk von Podlachien verrieth die Absichten dieser nationalen Heisssporne durch die Erklärung, „er nehme pro vacanti alles in Anspruch, was der verstorbene Kurfürst von Brandenburg der Krone Polens abgedrungen habe“, d. h. der Friede von Oliva mit den ihn ergänzenden Verträgen galt bereits für einen überwundenen Standpunkt.

Auf eigene Hand freilich konnte Polen eine solche Politik nicht durchführen; sie lag auch nicht in seinem Interesse: Vortheil davon hätte zunächst doch nur Frankreich gehabt. Dieses war es denn auch, welches solche Pläne nährte und die polnischen Eiferer in derartigen Absichten bestärkte. Auf Frankreichs Drängen hatte Polen den Frieden mit den Türken abgelehnt, den der Kaiser des französischen Angriffs wegen vorgeschlagen hatte. Bald darnach aber bemühte sich die französische Diplomatie um einen polnisch-türkischen Separatfrieden, damit die Türken dem Kaiser in Ungarn mit ungetheilter Kraft begegnen könnten. Auf ihre Fürsprache bot die Pforte zu Beginn des Jahres 1689 den Polen ausser einer bedeutenden Geldentschädigung die Rückgabe von Kaminiec und einem Theil Podoliens, ja selbst die der Wallachei an. Aber auch direct gegen Preussen

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 439. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_439.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2022)