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in den Besitz von grossen Geldmitteln gekommen war, aus denen sie der Stadt gelegentlich Vorschüsse machte, und sich einen vollständigen Beamtenstaat ausbildete, war sie die erste Macht der Comune geworden. Sechs Hauptleute stellte sie an ihre Spitze, von denen drei dem Adel, drei dem Bürgerstande angehörten. An dieser Zusammenstellung ist nie etwas geändert worden; durch sie blieben die adlichen Familien, selbst nachdem sie aus allen öffentlichen Aemtern verdrängt waren, doch noch immer mittelbar von einigem Einflusse auf die Geschicke der Stadt. Ein grosser und ein kleiner Rath wurde gebildet, ganz nach dem Muster der Stadtverfassung, ein Syndicus gewählt, dessen erste Aufgabe es bildete, die Ghibellinen anzuklagen, und ein Siegelbewahrer. Ehe die Partei sich einen eigenen Palast erbaute, der jetzt noch in seinen unteren Stockwerken erhalten ist, versammelten sich ihre Räthe und Magistrate in der Kirche von Santa Maria sopra Porta.

Die Ghibellinen, deren Muth stets erst dann gewachsen zu sein scheint, wenn sie sich ausserhalb der Heimath befanden, verzichteten einer solchen furchtbaren Organisation ihrer Feinde gegenüber keineswegs auf eine gewaltsame Rückkehr in die Stadt. Sie gaben sich eine ähnliche Verfassung wie diese. Nur wenige, so scheint es, gingen zur siegenden Partei über und wurden dann die wüthendsten Guelfen. Alle Hoffnung aufzugeben, hatten die Ghibellinen auch noch nicht nöthig. Denn keineswegs hatten sich alle tuscischen Städte dem Machtgebote des Papstes und dessen Vicar gefügt. Das von Parteihader ganz zerrissene und haltlos hin und her schwankende Pisa stand jetzt auf ghibellinischer Seite. Siena führte das Schwert der Partei. Ihnen gegenüber hatte sich jetzt eine Reihe kleinerer Orte mit Florenz und Lucca zu einem neuen tuscischen Bunde vereinigt, dessen Heerhaufen der Generalvicar König Karl’s anführte. Florenz überragte in diesem aber alle Glieder weitaus. Namentlich als Geldkraft. Als der König 1268 eine Umlage ausschrieb, wurde Florenz mit 1992 Pfund eingeschätzt; die übrigen elf Guelfenstädte, Lucca ausgenommen, die reichen Guelfen Sienas aber mit eingeschlossen, hatten 2436 Pfund aufzubringen[1]. Einen Bundesgenossen hatten die Ghibellinen an der Raubsucht und Grausamkeit

  1. Del Giudice, Codice diplomatico II, 1, S. 117.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_045.jpg&oldid=- (Version vom 3.11.2022)