Seite:De DZfG 1889 02 125.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

lassen und so ohne Kampf, wie es ja Cremona gethan, ihre Stadt bedingungslos übergeben. Sicher aber war ein anderes Moment auf die Entschliessungen des Königs von viel grösserem Einfluss: Brescia war eine der Städte des Ghibellinenbundes. In Folge der neuesten Wendung seiner Politik sah Heinrich sich mehr und mehr auf die Unterstützung durch die Ghibellinen angewiesen und daher auch zu Concessionen gegen diese Partei genöthigt. Konnte er aber auf die Treue der Ghibellinen rechnen, wenn in der alten Ghibellinenstadt Brescia die Guelfen triumphirten? Musste er nicht mit Aufbietung selbst der äussersten Mittel versuchen, den Maffeo de’ Maggi und dessen Partei nach Brescia zurückzuführen? Um dem Könige gerecht zu werden, wird man sich endlich auch vergegenwärtigen müssen, dass derselbe schwerlich im Stande war, sich von der Widerstandsfähigkeit, welche Brescia in Wirklichkeit besass, die richtige Vorstellung zu machen[1], und nicht im Voraus wissen konnte, dass sich die Belagerung dieser Stadt so sehr in die Länge ziehen werde.

Bereits am 8. Mai hatte Heinrich Ausschreiben an die Städte Oberitaliens erlassen, in welchen er zur Stellung von Truppen für den Kampf gegen Brescia auffordert[2]; am 10. Mai leisteten die Cremonesen aufs neue den Treueid[3]; am 15. Mai erfolgte der Aufbruch von Cremona[4], und am 19. Mai auf dem Wege über Quinzano d’Oglio und Pompiano die Ankunft vor Brescia[5]. Hier aber fand man es anders, als man gedacht hatte. Die Brescianer sahen an dem Beispiel Cremonas, welches harte Schicksal sie erwartete, wenn sie jetzt ihre Stadt auslieferten, und beschlossen, lieber das Aergste zu erdulden, als

  1. Nicolaus von Butrinto 86 erzählt sogar, die bresciatischen Ghibellinen hätten Walram, dem Bruder des Königs, vorgespiegelt, Brescia werde sich nicht länger als höchstens vierzehn Tage halten können.
  2. Das an Treviglio gerichtete Schreiben ist erhalten: Guilini IV², 886–87. Das Aufgebot der Stadt Modena rückte schon am 12. Mai von Modena aus und langte am 16. Mai vor Brescia an. Chron. Mutinen., Murat. XV, 570. Chronic. Mutinen., Murat. XI, 98.
  3. Bonaini I, 118–19. Dönniges II, 150.
  4. Nach Bonaini I, 292. Vergl. auch I, 178–79 und 347–48.
  5. Irmer, Die Romfahrt Heinrich’s VII. im Bildercodex etc. Bild XII a. Gesta Baldewini 218. Jacopo Malvezzi, Murat. XIV, 967.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_125.jpg&oldid=- (Version vom 23.11.2022)