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Forschung kann ihm daraus kaum erwachsen sein. In viel höherem Grade wirkte der Einfluss Baur’s in dieser Richtung; im Wesentlichen aber darf es wohl als selbständige Bethätigung innerer Neigungen gelten, wenn W. im Winter 1851/52 sich in Berlin ganz historischen Studien zuwandte. Er nahm an Ranke’s Uebungen Theil und hörte ausser bei diesem (Neueste G.) noch bei Wattenbach, damals jungem Privatdocenten (Entwicklung d. kgl. u. kaiserl. Gewalt in Dtld. u. Erklärung des Widukind).

Hier in Berlin trat er zuerst aus heimathlichen Kreisen heraus in eine Umgebung, die ihn fremd anmuthen musste und der auch an ihm in erster Linie die Züge süddeutscher Stammesart auffielen. Er erlangte eine gewisse Popularität als „der Schwabe Weizsäcker“ und auch später ist er uns Norddeutschen vielfach als eine Verkörperung allamannischen Wesens erschienen, wenn auch echte Schwaben ihn ob seiner fränkischen Heimath nicht recht als Landsmann gelten lassen wollten.

Mit frischer Lebenslust suchte er in Berlin auch geselligen Verkehr. Allem Conventionellen abhold, gab er sich zwanglos, mit einer Ursprünglichkeit, die gelegentlich auch einer Derbheit nicht ängstlich auswich. Und so ist er sein Leben lang geblieben, ein unbefangen heiterer Gesellschafter, mehr gemacht für den freien Verkehr akademischen Lebens oder nahebefreundeter Kreise als für die überfeinerte Geselligkeit des Salons; niemals eingeengt in die steifleinene Würde äusserer Stellung, sondern sich harmlos behaglich gehen lassend, als Freund seiner Freunde, fast wie ein guter Kamerad im Kreise seiner Studenten. – Und dieser Hauch unverfälschter Natürlichkeit, einer gewissen Missachtung mancher conventionell-ängstlichen Vorschrift, verbunden doch wieder mit peinlichster Genauigkeit in dem, was ihm recht und billig schien, ging durch sein ganzes Wesen, zeigt sich auch in seinen Arbeiten, ja in seinem oft originellen Styl.

Von Berlin ging er noch nach Paris und Wien, dann aber zurück in die Heimath. Die Jahre 1852–56 finden wir ihn als Repetenten am niederen Seminar von Blaubeuren, als Vicar in Derendingen bei Tübingen und schliesslich 1855 am evang. theolog. Seminar des Tübinger Stifts.

Wenn sich in diesen Jahren der Entschluss befestigte, der theologischen Laufbahn den Rücken zu kehren, so war diese Wendung doch kein Bruch. Es blieb eine entschieden positive

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 328. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_328.jpg&oldid=- (Version vom 30.11.2022)