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so wurde mir die Leitung des Verproviantirungs-Geschäfts der Provinz Niederrhein übertragen. Diese Arbeit ist nicht die kleinste meines Lebens gewesen und dennoch besser als die übrigen gelungen. Ich sage nichts von den Belobungen, die ich erhalten. Niemand, als ich selbst, konnte die Schwierigkeiten ermessen, welche ich zu überwinden hatte. Dem Freund darf ich es bekennen, dass ich in diesem Geschäft alles geleistet habe, was nur immer möglich war. Wäre ich ein halbes Jahr früher dazu berufen worden, ich hätte wahrlich das meiste Unglück verhindert. Ich erprobte diessmal wieder, dass das Höchste durch schnellen, vorurtheilsfreyen Blick und unermüdete Thätigkeit fast immer errungen wird. Den bloss routinirten Geschäftsleuten, wie vorzüglich sie in ihrer Art auch seyn mögen, gelingt selten eine Stellung, die sie erst selbst machen sollen. – Indess trug auch diese Arbeit nichts zu meiner Förderung im Dienst bey. Ich erhielt Belobungen; aber diese waren von Behörden, welche wohl selbst keines grossen Credits genossen. Unterdess war in diesem ganzen Geschäft soviel durch – zum wenigsten gesagt Ungeschicklichkeit verdorben worden, dass Niemand gern davon sprechen wollte[1].

Ich kehrte also von Cöln nach Bonn zurück, fuhr fort zu liquidiren und studirte die französische Militär-Administration, da ich auf einen Posten der Art in unserer Kriegs-Verwaltung visirte. In dieser Arbeit traf mich eine mir ganz unerwartete Function im Sommer 1818. Die längst angekündigte rheinische Univ. sollte in’s Leben treten. Sie sollte in Bonn gegründet werden, das ich zuerst schon 1814 auf offic. Wege dafür in Antrag gebracht und seither wiederholt in Anregung erhalten hatte. Der Oberpräsident der Provinz Grf. zu Solms-Laubach in Cöln wurde zum Curator ernannt und ich ihm unter dem Nahmen Localcommissar als Organisations-Gehülfe beigegeben. Ich empfand hier zum erstenmal die nachdrückliche Wirkung des Zutrauens, welches mir Hr. von Altenstein geschenkt, der vor Kurzem zum Cultusminister ernannt worden war.

Dieses Dienstverhältniss hatte die sehr unangenehme Seite, dass Niemand es recht zu nehmen wusste, und der Gf. zu Solms in mir einen überlästigen Beobachter zu haben glaubte. Meine Ansichten waren selten die seinigen, ob er gleich häufig darauf einging. Die Sachen dauerten indess nicht lange genug, um zu einem unangenehmen Bruch zu kommen. Im Jahr darauf erfolgten die bekannten Bundestags-Beschlüsse, und der König übertrug mir das Curatorium der Universität mit der neu creirten Stellung eines auss. Reg.-Bevollmächtigten und der Ernennung zum Geheimen Regierungsrath.

  1. Ganz so wie Rehfues war es Tscharner in Graubünden ergangen, als er 1816 die Theuerung voraussagte. Vergl. Planta a. a. O. S. 219 ff.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 455. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_455.jpg&oldid=- (Version vom 7.9.2022)