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war, in einheitlichem, vom Latein fast gar nicht beeinflussten Stil, selbständig übersetzt und dem Schreiber dictirt. Um den Worten und dem Sinne treu zu bleiben, liess er nur wenig aus, umschrieb aber viel. Er kannte zwar fast alle Wörter und Constructionen Gregor’s im Einzelnen, fasste sie aber, noch spät ein Schüler im Latein, im Zusammenhang oft ungenau und missverständlich auf. Mit Absicht liess er u. a. Stellen über Wagenrennen und Ringspiele, als den Angelsachsen fremd, und über Päderastie fort: letzteres aus Anstandsgefühl – ein Zug, den er auch in der Orosiusübersetzung [s. vor. S.] verrieth. [Das Laster hält Verf. für den Angelsachsen unbekannt: unrichtig; siehe Theodor’s, Beda’s, Egbert’s Bussbücher.]

Dem Verständniss wenig gebildeter Leser half Aelfred erfolgreich nach durch Vereinfachung des Periodenbaues, durch Klärung und eindringliche Entfaltung der Gedanken, durch Ersetzung des Fremden durch Bekanntes[1], des Abstracten durch Concretes, durch zahlreiche Zusätze: plateae = „der Könige Heerstrassen“ – die Strasse steht ja bei den Angelsachsen unter besonderem Schutz des Königs –; purpura = „königlich Gewand, denn es bezeichnet königliche Gewalt“; forum = „Marktplätze und Biergelage“; colonus = „Landmann, der pflanzt und bearbeitet, wie der Ceorl seinen Garten“. Zur See- und Flussschifffahrt vergl. S. 26, wo Verf. viele Zeugnisse für „Begriffsvertretung“ anführt. Für aromatum cellae setzte Aelfred, was seinem Volke Macht bedeutete: „Schatzhaus und Goldhort“, für caelebs: „Gottesknecht“ (d. i. Mönch). – Die Bibelstellen übertrug er frei, und dem ganzen Werke stellte er ein Rubrikenverzeichniss voran [beides that er auch in seinen Gesetzen]. Dem Werke des grossen Papstes und heiligen Bekehrers der Engländer schob er eigene Meinung oder Kenntniss höchst selten ein, so dass das Meiste in Wack’s werthvoller Abhandlung nur die Geschichte der Sprache und Literatur angeht.


Die Heiligen Englands. Angelsächs. und lat., hrsg. von F. Liebermann. Hann., (Hahn) 1889. 8°. XIX, 23 S. Dieses Werk, von dem bisher nur die jüngere Hs. des Originals (ungenügend, und die Mitte des 11. Jhs. zu St. Austin’s, Canterbury, entstandene Versio gar nicht) gedruckt war, ward um 1020 zusammengesetzt aus zwei Theilen: I. Bruchstücken der vielleicht in, jedenfalls nahe St. Austin’s um 900 verfassten Legende von den Fürsten Kents im 7. Jh., von der ich gleichlautende und sonstige Ueberbleibsel bei Florenz von Worcester, Gocelin und in anderen bekannten Geschichtswerken nachweise;

  1. Statt Cithara setzt Aelfred: „Harfe“; allein den Angelsachsen war die „Cytere“ nicht ganz unbekannt.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 465. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_465.jpg&oldid=- (Version vom 26.11.2022)