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Teutschland kennt man die französische Abgeschliffenheit nicht“, dessgleichen aus der Beobachtung, wie viele Handwerker und Tagelöhner in der Vorstadt St. Antoine Deutsche seien u. a. m.

Der Deutsche, welcher damals seine Eindrücke des Pariser Lebens für sich und andere aufzeichnete, kennt Wien. Denn er zieht zwischen beiden Städten einen Vergleich, der freilich nicht sehr schmeichelhaft für die Residenz an der Donau ausfällt. „Der animalische Wiener schmaust, während der geistreiche Pariser raisonnirt“. Dass er kein Oesterreicher ist, lässt sich auch aus der Notiz schliessen: „Ich begegnetete M…, dem ich in einem beileidigen Tone sagte: Da haben Sie ja Ihren [Druck: ihren] Leopold verloren, wie bedauere ich Sie“. Eher möchte man ihn für einen Preussen halten. „Der König von Preussen kömmt mit 52,000 Mann“, sagt er im Juli 1792 sorglosen Bekannten, „Ihr könnt Euch darauf verlassen“. „Die Neugier“, berichtet er zum 17. Juli 1791, „hatte den preussischen Graf **** bis auf die Wälle des Marsfeldes getrieben, die Kugeln pfiffen ihm um die Ohren, und er dankt es seinem Genius, mit heiler Haut davon gekommen zu seyn“.

Mit alledem ist noch nicht viel gewonnen, um den Schleier der Anonymität des Verfassers der „Bruchstücke“ zu lüften. Indessen führte mich die folgende Betrachtung weiter. Unter allen hervorragenden Mitspielern des revolutionären Dramas flösst keine dem Unbekannten so viel Achtung ein wie Sièyes. Er sagt von ihm zu Ende der constituirenden Versammlung, dass er vor allen „ihr gesetzgebender Genius zu sein verdiene“, und wird nicht müde, sich seiner Bekanntschaft zu rühmen. Zwei Jahre nach Veröffentlichung der „Bruchstücke“, d. h. 1796, erschienen nun in zwei stattlichen Bänden „Emanuel Sièyes’ Politische Schriften vollständig gesammelt von dem deutschen Uebersezer nebst zwei Vorreden über Sièyes’ Lebensgeschichte, seine politische Rolle, seinen Charakter, seine Schriften etc.“. Wie „die Herausgeber“ am Schlusse der Vorrede zum zweiten Bande versichern, hatte sich das Erscheinen dieser Uebersetzung bis zur Leipziger Ostermesse 1796 „verzögert“. Aus ihren Worten ist aber zu schliessen, dass die Herausgabe schon für das Jahr 1794 geplant war. In der That trägt die Vorrede zum ersten Bande die Ueberschrift „Im Frühjahre 1794“, und in der Vorrede zum zweiten Bande S. LXXII, da wo eine biographische Skizze von Sièyes endigt, liest

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_107.jpg&oldid=- (Version vom 21.10.2022)