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kennen zu lernen wünscht. – Erwähnt sei noch eine interessante Arbeit Fr. Molard’s über die bürgerlichen Gerechtsame der Aussätzigen[1]. Der Verfasser beweist aus unedirten Urkunden, dass sie in Hochburgund nie als bürgerlich Todte angesehen wurden. Es scheint nach verschiedenen im Laufe der letzten 20 Jahre herausgegebenen Zeugnissen, dass die Lage dieser Unglücklichen in Frankreich nicht so beklagenswerth war, wie viele Geschichtschreiber angenommen haben.

Die Grundlage für seine Histoire de la baronnie de Craon de 1382 à 1626, hat André Joubert[2] den reichen Archiven des Hauses La Trémouille entlehnt; diese Familie besass Craon während dieser ganzen Periode. Das Werk ist sehr anziehend und voll werthvoller Einzelheiten über die Verwaltung eines grossen Herrensitzes im 14. und 15. Jahrhundert. Man findet darin auch viele Aufschlüsse über die Feldzüge der Engländer in Maine unter Karl VI. und Karl VII. Empfohlen sei noch die Sammlung der im Anhang herausgegebenen Schriftstücke. Die Geschichte Poitou’s[3] vom Abbé Auber steht jetzt im 5. Bande. Es ist ein weitschichtiges Werk, zuweilen kritiklos, aber doch zu berücksichtigen. Den alten Provinzialgeschichten, wie z. B. Dreux du Radier, steht das Buch an Werth sicherlich gleich. – Die Sammlung von Livres de raison limousins et marchois[4], herausgegeben von L. Guibert, verdient entschiedenes Lob. Sie ist ein gutes Beispiel für die Art, wie man diese werthvollen Register herausgeben muss, welche so viele Aufschlüsse über die wirtschaftliche und sociale Geschichte des alten Frankreich enthalten. Durch Guibert und seine Mitarbeiter: Leroux, de Cessac und Abbé Leclerc, kennen wir jetzt das bürgerliche Leben in Limousin am Schlusse des Mittelalters und in den letzten Jahrhunderten des ancien Régime zur Genüge. Sie bringen neue Documente bei zu der oft aufgeworfenen Frage, ob die Französische Gesellschaft durch die Revolution verloren oder gewonnen hat.

Die Abhandlung Ch. Lécrivain’s über die „Interpretatio der Lex Romana Visigothorum[5] weist nach, dass das Recht der Westgothen nicht den geringsten Einfluss auf die Erklärer des breviarium Alaricianum gehabt hat. Man würde auch mit Unrecht vermuthen, dass die ganze mittelalterliche Gesetzgebung Südfrankreichs

  1. Bull. de la soc. des sciences de l’Yonne, t. 42.
  2. Paris, Lechevalier. 8°. viij 600 p.
  3. Histoire générale, civile, relig. et littér. du Poitou. Poitiers, Bonamy. 8°. 532 p. 6 fr.
  4. Paris, Picard. 8°. 484 p. 6 fr.
  5. Annales du Midi, Nr. 2.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_161.jpg&oldid=- (Version vom 24.10.2022)