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die Lehre der Kanonisten, nicht für die Recht und Leben beeinflussende Volksanschauung, nach der sie auch schutzbedürftige Fremde sind.] Alle Erwähnungen von Juden in Angelsächs. Zeit können aus festländischen Schriften copirt sein. Die Normannische Krone bezweckt mit der Einführung der Juden, Kapitalmarkt behufs Steinbauten zu erhalten und sie das Land auswuchern zu lassen, um sie bei eigenem Bedarf wieder auszupressen. Folglich musste sie die Juden bei Geldreichthum erhalten. Diese sassen keineswegs bloss in wenigen Grossstädten, sondern weithin verbreitet; 1290 machten sie fast ein Prozent der Bevölkerung aus. Und doch konnten sie in Gilden, Bürgerschaften oder christliche Gesellschaft nicht eintreten. Den Hass schürte Kreuzzugsfieber, das eine Parallele findet im Zuge von 300 Rabbinern Englands und Frankreichs nach Palästina 1211, ausserdem der Minoritenorden, das Lateranconcil 1215, die Gewinnung einiger Proselyten. Ihre Stellung wurde unhaltbar, sobald sich bei anderen Classen, besonders Oberitalienern, Capital fand, und das Wucherverbot auf sie ausgedehnt ward: anderes Gewerbe und [zuletzt] Landeigenthum war ihnen verschlossen. Doch, abgesehen von dem der Regierung trotzenden Pöbelaufruhr, wurden sie gegen andere Unterthanen gerecht geschützt und von den Königen, ausser von Johann, gut behandelt. Von den Culturschöpfungen jener Juden ist wenig erhalten, z. B. früheste Steinhäuser (zu Lincoln, St. Edmunds, Norwich) und Hebräische Schriften: des Moses Hanasiah Grammatik um 1250 [ed. Collins 1883] und „Hebr. Poesien des Meir ben Elia“ aus Norwich (hrsg. v. Berliner, London 1887. fol. [gottesdienstlich]); des Spaniers Abraham ibn Ezra Werke sind z. Th. „geschrieben [1158] im Winkel der Erde“ [= Angleterre; hrsg. u. a. von Creizenach 1840]. Vereinzelt kommen Juden in England im 14. u. 15. Jh. vor: das Haus der Gemeinen klagt 1376, unter angeblich Lombardischen Bankiers bärgen sich Juden, und der Spanische Gesandte 1498, vertriebene Spanische Juden fänden in England Zuflucht. [Hierzu vgl. Bibl. Anglo-Jud. Nr. 202–8. 234–7.] – Für allgemeine Englische Geschichte sind die meist nur zu kurzen Beschreibungen der ausgestellten Urkunden wichtig. S. 9. 176 ist die auf der Essex-Forstrolle von 1277 hingeworfene Caricatur des wegen Hindinhetze verklagten Aaron, filius diaboli, Colecestrensis, mit dem Taffetfleck in Form der Gesetztafeln rechts auf der Brust, facsimilirt. – Die Nebenkataloge sind für MA. bedeutender; das Archiv hatte einige der noch fast ganz ungedruckten Judenrollen des Exchequer ausgestellt und eine der für 1331–1608 vorhandenen Rechnungsrollen über die königliche Domus conversorum [Judaeorum] in London (S. 177, vgl. S. 2. 8), die erst unter Karl II. verschwand. Wissenschaftlich am brauchbarsten ist aber die Arbeit des British Museum: 28 Privaturkunden für das Jahrhundert nach c. 1181 sind mit allen Namen registrirt; zwei Mss. des 12. Jhs. aus Winchester und St. Albans zeigen Bilder von Juden.


Jos. Jacobs and Lucien Wolf, Bibliotheca Anglo-Judaica. A bibliograph. guide to Anglo-Jewish hist. (Publ. of the Anglo-Jewish exhibition 3.) Lond., Jewish Chronicle 1888. 8°. xxvij 231 p.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_197.jpg&oldid=- (Version vom 4.1.2023)