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Wie Andere, habe auch ich einmal die Meinung vertreten[1], dass es einst zwei Ausfertigungen des Diploms gegeben habe[2]. Das ist nun auch Thudichum’s Ansicht. Er stützt sich – um Unwesentliches zu übergehen – auf eine vermeintliche und eine wirkliche Verschiedenheit des in Berlin beruhenden Orginals von der Abschrift, welche ein Kölner Privilegienbuch des 14. Jahrhunderts enthält[3]. In dieser erscheinen unter den Zeugen Henricus comes de Arnsberg, Hermannus comes de Hafsburg[4], welche in jenem fehlen sollen. Thudichum folgt dem Drucke Lacomblet’s[5], dem hier leider eine Menschlichkeit begegnet ist: in der Berliner Urschrift finden sich beide Grafen, nur richtiger als in der Copie, nämlich Heinricus comes de Arnisberc, Hermannus comes de Ravinisperg[6]. Soviel über die angebliche Verschiedenheit. Was dann die wirkliche betrifft, so las der Schreiber des Privilegienbuches: ecclesie Coloniensi legitime donationis titulo imperatoria liberalitate contulimus; nach Lacomblet steht dagegen im Original: ecclesie Coloniensi legitime donavimus et de imperatoria liberalitate contulimus. Lacomblet gibt dann aber auch gleich die Erklärung der Divergenz: „Mit Coloni schloss die Zeile und die folgende begann mit ensi, eine nachbessernde Hand fügt dem Coloni noch en mit einem Abkürzungszeichen an, woher das folgende ensi für titulo gelesen und legitime donavimus in legitime donationis verändert wurde“[7]. Wie leicht dieses paläographische Quidproquo in der That sich einstellen kann, beweist mir eine andere Abschrift des Berliner Originals, die ich benutzen konnte. Auch deren Verfasser las ebenso irrig als der Verfasser des Privilegienbuches! Demnach will die Verschiedenheit nichts bedeuten,

  1. Lit. Centralbl. 1868, S. 740.
  2. Noch 1881 ist bei Wilmans und Philippi, Die Kaiserurkk. d. Provinz Westfalen II, 334 ein Text veröffentlicht, der als Ausfertigung II bezeichnet wird.
  3. Ueber die verschiedenen Gestalten, in denen das Privilegienbuch überliefert ist, vgl. L. Korth, Lib. privil. mai. eccl. Colon. 124 Nr. 25.
  4. Cod. Dipl. Westf. II, 451 Nr. 407.
  5. Niederrh. U.-B. I, 335 Nr. 472.
  6. Auch O. v. Heinemann, Cod. dipl. Anhalt. I, 430 druckt Hafsburg, obwohl er dem Original folgt. Thudichum S. 107 bezeichnet das Verfahren, welches Heinemann beobachtet habe, als „ganz unzulässig“. Jedenfalls fehlt uns noch eine abschliessende Ausgabe.
  7. a. a. O. 332 Anm. 1.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_322.jpg&oldid=- (Version vom 30.10.2022)