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der Bezeichnung „Beghard“ als Ketzername in der Folge insoferne von Wichtigkeit geworden, als hier mit besonderer Vorliebe unter dem Namen der „Beghardia“ oder „Picardia“ fortan die verschiedenartigsten ketzerischen Systeme – darunter auch das Waldenserthum – zusammengefasst worden sind[1].

Auch im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts hat die Bekämpfung der Häresie die Kirche in Böhmen und Mähren fortdauernd beschäftigt. Die Prager Synodalstatuten haben allerdings über die vom Erzbischof Arnest getroffenen und fortan in Geltung bleibenden Bestimmungen hinaus keine diesbezüglichen Zusätze erhalten, es sei denn dass die Klage der Statuten von 1371 über die Entheiligung der Feiertage in diesen Zusammenhang gebracht werden müsste[2]. Dagegen haben die sogenannten Vorläufer der Husitischen Bewegung wiederholte Veranlassung zur Untersuchung der ihnen mit Recht oder Unrecht beigemessenen Ketzereien gegeben. Ein äusserer Zusammenhang zwischen dem Auftreten Konrad’s von Waldhausen, Milicz’ von Kremsier und Mathias’ von Janow und der vor ihnen zu Tage getretenen sectirerischen Opposition, namentlich dem Waldenserthum, hat sicherlich nicht bestanden[3]. Eine andere, nicht ohne Weiteres zu verneinende Frage ist es aber, ob die von den sämmtlichen drei Predigern eröffnete Polemik gegen das Mönchthum, Milicz’ Anfeindung des Universitätsstudiums und des weltlichen Besitzes des Klerus, Mathias’ von Janow Bekämpfung der Auswüchse

    Förstemann, Die christl. Geislergesellschaften S. 161 f., meine Mittheilungen in der Zeitschr. f. Kirchengeschichte 9, 118 und Machatschek, Neues Lausitz. Magazin 54, 154 f.

  1. Als ein besonders charakteristisches Beispiel der genannten Begriffsvermengung sei das 1524 verfasste Sammelwerk des Franciscaners Joannes Aquensis über die Böhmischen Häresien des 14. und 15. Jahrhunderts, „Locustarium de sectis et diversitate atque multiplicatione Begardorum in terra Bohemiae“ betitelt, angeführt. Nach den von Dudik (Iter Romanum I, 279 ff.) mitgetheilten Auszügen werden hier Waldenser, Adamiten, Taboriten, Böhmische Brüder, Geissler unter der gemeinsamen Bezeichnung „Begarden“ zusammengefasst.
  2. Höfler, Concilia Pragensia S. 15.
  3. In den Kreisen der Böhmischen Brüderunität am Ende des 15. Jahrhunderts hat man in Mathias von Janow einen Schüler der Waldenser gesehen. Goll, Quellen und Untersuchungen zur Gesch. der Böhm. Brüder I, 30.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_339.jpg&oldid=- (Version vom 31.10.2022)