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dass Johann Gleiwitz für sein Vorgehen gegen die Schlesischen Ketzer durchaus die Anweisungen und Formeln des „Directorium“ des Eymericus zur Richtschnur genommen hatte, so wenig angezeigt auch deren Anwendung auf Deutsche Verhältnisse erscheinen mochte.

Einen merkwürdigen Process hatte der Inquisitor im Jahre 1398 in Breslau gegen einen gewissen Stephanus zu führen, der schon in Oxford drei Jahre lang eingekerkert gewesen war und dessen ketzerische Lehrsätze zugleich Waldensische und Wiclifitische Beeinflussung verrathen[1]. Mit den Waldensern, zum Theil aber auch mit den vorgeschritteneren Lollarden, stimmt Stephanus in seiner Bezeichnung der Bibel als einzigen Glaubensquelle, in der Verwerfung der Bilder, der Anrufung der Heiligen, der Excommunication und der priesterlichen Strafgewalt, sowie in seiner Forderung des Rechtes der Predigt und der Spendung der Sakramente für die durch ihre sittliche Qualität hierzu berufenen Laien überein. Zunächst an Waldensische Lehren klingt es an, wenn Stephanus den schlechten Geistlichen die Fähigkeit der Sakramentsverwaltung abspricht, nur die „Guten“ zur Kirche rechnet, den Eid und die Annahme der Existenz des Fegfeuers bekämpft und als Gebet allein das Vaterunser zulassen will; mit den Lollarden wird von Stephanus die Wandlung im Altarsakramente geleugnet. Der gegen den verwegenen und mit grosser Hartnäckigkeit disputirenden Ketzer angestellte Process endete mit

  1. Catalogus abbatum Saganensium, in Scriptores rer. Silesiacar. I, 251 f.: primo namque praesumpsit se asserere spiritum sanctum habere et, cum esset laicus, se missum a spiritu sancto ad predicandum et non solum ipsum sed et quemlibet fidelem et quemlibet justum christianum. item quod parvuli salventur, absque baptismo defuncti. item quod quilibet laicus justus possit absolvere a peccatis et consecrare corpus Christi, non autem haec possit factus (sacerdos) malus. item, quod non sit verum corpus Christi sub sacramento altaris, sed solum quaedam salubritas, item quod non sit purgatorium. item quod sancti non sint adorandi nec ymagines. item quod sola oratio dominica sit dicenda pro oratione. item nichil curavit determinacionem et statum ecclesiae Romanae. item quod prelati mali non habent auctoritatem in ecclesia nec eis sit obediendum. item quod excommunicare sit illicitum. item quod jurare sit simpliciter illicitum et quod mali non sint de ecclesia… textum biblie promptissime juxta contextum verborum memoriae commendatum tenuit… nulla argumenta contra se, nisi ex textu biblie admittere voluit.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 363. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_363.jpg&oldid=- (Version vom 1.11.2022)