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in Dunkel gehüllt; wir wissen nur, dass in den Stammsitzen des Oesterreichischen Waldenserthums, wie z. B. in der Umgebung von Steyer, auch in dieser Periode die Ketzerei von Generation zu Generation sich fortgeerbt hat. Unter Herzog Rudolf IV. (1358–1365), welchen der mit ihm zerfallene Oesterreichische Klerus einen Häretiker nannte und dem Kaiser Friedrich II. an die Seite stellte[1], sind die Waldenser schwerlich behelligt worden. Allem Anschein nach war es der bigotte Albrecht III. (1365 bis 1395), der den Mährischen Inquisitor Heinrich von Olmütz zur Verfolgung der Waldenser nach Oesterreich berief; den uns erhaltenen Inquisitionsurtheilen aus den Jahren 1391 ff. zufolge hat Heinrich etwa um 1365–1380[2] eine grössere Anzahl von Waldensern aus der Umgebung von Steyer vor sein Gericht gezogen und sie ihre Irrthümer abschwören lassen. Wohl auf diese Verfolgung beziehen sich die Ueberreste eines merkwürdigen Briefwechsels, welcher zwischen Oberösterreichischen Waldensern und einer Gruppe von „Brüdern in Italien“, in welcher wir höchstwahrscheinlich die Centralleitung der Lombardisch-Waldensischen Secte zu erblicken haben, um das Jahr 1368 geführt wurde[3]. In dem ersten Briefe beantworten die Lombardischen Meister Johannes, Girardus, Petrus, Simon und Andere ein Schreiben, das ihnen von Seiten der Waldenser aus der Umgebung von

  1. Annales Matseenses, in Mon. Germ. Script. IX, 832 f. (ad a. 1364 ff.). Aehnliche Anklagen gegen den dem Herzog befreundeten Grafen Ulrich von Schaumberg ebenda S. 833.
  2. Die im Jahre 1391 verurtheilte Bäuerin Geisel von Lueg, um 1351 geboren und durch ihre Eltern im Waldensischen Glauben auferzogen, hatte diesen vor dem Inquisitor Heinrich von Olmütz, also schwerlich vor c. 1365 abgeschworen; unter Bischof Johann von Passau (1381–87) scheinen keine Verfolgungen stattgefunden zu haben (vgl. unten S. 369).
  3. Zuerst erwähnt von Karl Müller, Die Waldenser S. 103 (79) aus einer Handschrift des Collegiatstiftes St. Florian und nach einer ihm von Müller überlassenen Abschrift von Comba (Histoire des Vaudois d’Italie S. 243 ff.) theils im Auszug, theils in Uebersetzung mitgetheilt. Aus einer Klosterneuburger Hs. theilte v. Döllinger (Beiträge II, 351 ff.) Stücke dieses Briefwechsels, sowie polemische Ausführungen des von den Waldensern abgefallenen Johannes Lesser in einer von der erstgenannten Handschrift, wie es scheint, beträchtlich abweichenden Fassung mit. Johann Lesser’s Tractat stammt aus der Zeit des Pontificates Papst Gregor’s XI. (1370–78), vgl. v. Döllinger S. 357 Anm. Von Müller sind genauere Mittheilungen über diese interessanten Actenstücke zu erwarten.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 368. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_368.jpg&oldid=- (Version vom 1.11.2022)