Seite:De DZfG 1890 03 375.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

des Rückfalls verdächtig, nach Steyer vorgeladen worden. Von dem Inquisitor eidlich vernommen, hatte die Angeklagte anfangs ausweichend geantwortet, schliesslich aber ein offenes Geständniss abgelegt: sie habe auch nach ihrem Widerruf weder an die Existenz des Fegfeuers, noch an die Wirksamkeit der kirchlichen Ablässe, noch an die Fürbitte der Heiligen geglaubt; sie habe es ferner für eine schwere Sünde gehalten, dass der Inquisitor Petrus sieben Waldenser aus Unterwolfern dem Scheiterhaufen überantwortet habe. Der zweite Angeklagte, Gundel aus Holzapfelberg bei Weistrach in Niederösterreich, hatte schon vor Heinrich von Olmütz Widerruf geleistet und war von Petrus 1397 nach Steyer citirt worden. Nachdem er lange der Vorladung keine Folge gegeben und desshalb excommunicirt worden war, benutzte er die zeitweilige Abwesenheit des Cölestiners, um sich dessen Commissar Friedrich zur Verantwortung zu stellen; er bekannte sich als Waldenser, widerrief deren Lehrsätze und erlangte im Juli 1397 die Absolution. Aber schon am 18. Januar des folgenden Jahres erreichte ihn wieder der Arm des wachsamen Inquisitors. Auf dessen Befehl durch den Burggrafen von Steyer verhaftet, weigerte er sich hartnäckig, die Wahrheit seiner zu machenden Aussagen zu beschwören. Es entspinnt sich ein förmlicher Kampf zwischen dem Inquisitor und dem Angeklagten, welcher die Verantwortung für die Eidesleistung dadurch von sich abzuwälzen sucht, dass er dem Inquisitor, später unter vier Augen dem Burggrafen von Steyer vorschlägt, er wolle schwören, wenn der Inquisitor die Verantwortung dafür auf sein Gewissen nehmen werde. Von dem „Jagdnetz“ des Cölestiners von allen Seiten umgarnt, gibt sich der Unglückliche endlich gefangen und bekennt auf seinen Eid, bis zur Stunde jede Eidesleistung für Sünde, die Fürbitte der Heiligen für wirkungslos gehalten zu haben; am Tage vor dem Allerheiligenfeste habe er zwar gefastet, aber nicht zur Ehre der Heiligen, sondern zur Ehre Gottes. Ueberdies habe er das Busskreuz vorzeitig abgelegt. Weit grösserer Entschlossenheit begegnet der Inquisitor bei der dritten Angeklagten, der Bäuerin Diemuth von Hausleithen. Allen Aufforderungen zur Eidesleistung, auch den gütlichen Vorstellungen und Bitten des Inquisitors setzt sie unbeugsamen Widerstand entgegen, weil sie jeden Eid für sündhaft hält; dass sie öfters Waldensischen Meistern gebeichtet, gibt sie ohne Weiteres zu. Die vierte Angeklagte

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 375. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_375.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2016)