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Durch das Vaticanische Exemplar ist festgestellt, dass Karl V. die Capitulation dem Cardinal Madruzzo unterschrieben mitgab, wie das bereits durch Leva IV, 65 auf Grund des Farnese’schen Briefes an Poggio sehr wahrscheinlich war; vgl. Brieger Zeitschrift für Kirchengeschichte IX, 135, Druffel Viglius’ Tagebuch S. 6. Inzwischen ist in dem Archivio storico Italiano 1887 ein auf der Bibliothek zu Siena befindlicher eigenhändiger Spanischer Brief des Kaisers Karl an den Papst abgedruckt worden, welcher vom 10. Juni datirt ist und dem Cardinal Madruzzo mitgegeben wurde. Es ist ein Credenzschreiben für diesen und Vega. Wenn das Datum richtig ist, wie der Herausgeber versichert, der von meinen Erörterungen Kenntniss hatte, so wird wohl anzunehmen sein, dass man am kaiserlichen Hofe noch nach der Abreise des Cardinais Schwierigkeiten fand, deren Lösung dem bereits abgereisten Madruzzo aufgetragen wurde in einem gleichzeitig nachgesandten Schriftstück. Madruzzo war (nach Serristori Juni 8) in der Nacht vom 7. zum 8. questa mattina allo spuntar del sole abgereist, cavalcando a giornate sin a Ispruch, dove monterà su le poste, und der Marchese Marignano hatte Serristori erzählt „che la gita a S. S serve solo per sottoscrivere la capitulatione et declarar el tempo per quanto habbino a servir le sue genti et anco li denari“. Vgl. H. Baumgarten’s Kritik der Vigliusausgabe in Sybel’s Zeitschr. N. F. 5, 177, welche sonderbarerweise von Kannengiesser S. 214 ganz unberücksichtigt geblieben ist.

Zwischen dem Inhalt der beiden Urkunden ist, von dieser selbstverständlich verschiedenen Ausfertigung abgesehen, sonst noch der Unterschied, dass der § 11 in V. fehlt. Raynald und Kannengiesser aber, die denselben enthalten, haben im § 2 die Lesart „Giulio“, obgleich die Erläuterung, welche gerade zu dieser Stelle in jenem § 11 gegeben wird, bloss zu „Giugno“ passt, welches wiederum nur in V. steht. Wie ist das zu erklären, dass der Kaiser am 6. Juni eine Urkunde unterzeichnete, in welcher der laufende Monat als „Giugno prossimo futuro“ bezeichnet wird, ohne dass dazu in dem weiteren Texte eine Erläuterung gegeben ist, während sowohl bei Raynald’s als bei Kannengiesser’s Vorlage gerade die Veränderung des einen Wortes erfolgt ist, durch welche eigentlich der ganze bei ihnen, und nur bei ihnen vorhandene § 11 überflüssig wird? Da der Vertrag nicht in der Weise zu Stande kam, dass die beiden räumlich getrennten Contrahenten ein und dasselbe Actenstück unterzeichneten, sondern durch die Ausfertigung und gegenseitige Uebergabe zweier in den Formalien verschiedener Urkunden, so würde auch die Vermuthung, dass man jede Veränderung des einmal aufgestellten Textes habe vermeiden wollen, eigentlich nicht von durchschlagender Bedeutung

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 415. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_415.jpg&oldid=- (Version vom 31.10.2022)