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Dafür forderte der Redacteur der „Osvěta“ (= Aufklärung) in Prag, ein Herr Wenzel Wltschek, in einem Circular alle Czechischen Zeitschriften auf, die Handschriften zu vertheidigen. Die Czechische Journalistik begann in bekannter Weise G. und den Redacteur des „Athenäum“ zu befehden, nicht indem sie ihre Gründe widerlegte, sondern in anderer Form: Mangel an Patriotismus, ja Nationalverrath wurde den muthigen Männern vorgeworfen. Prof. Kalousek (Historiker an der Czech. Univ.), der sachliche Einwendungen versuchte, bewies nur, dass er sich auf fremdes Gebiet gewagt.

Ueberraschend war es nun, dass der Ausschuss des Böhm. Museums, der doch das lebhafteste Interesse haben musste, die Frage nach dem Werthe oder Unwerthe seines Eigenthums gründlich erledigt zu sehen, die paläographische Prüfung nicht anordnete und sich mit der chemischen begnügte. Der Verlauf letzterer war für die Handschrift ungünstig. Wohl behauptete erst Prof. Bielohoubek (Czech. Techniker), Zeugnisse gefunden zu haben, dass die Kön. Hs. aus dem 14. Jahrh. stamme, aber den Einwendungen des von einigen Fachmännern unterstützen Prof. G. gegenüber[1], und als Prof. Wislicenus in Leipzig, der die Prüfung B.’s einer Ueberprüfung unterzog, erklärt hatte, die bezüglichen Schlüsse B.’s seien „sammt und sonders falsche und ungerechtfertigte“, zog B. selbst seine Behauptungen (Osvěta 1888) zurück.

Ebenso blieben die Zweifler auf den anderen Gebieten, über welche sich die Fehde ausbreitete, im Uebergewichte. Hatten die Vertheidiger besonderes Gewicht auf den antiquarischen Gehalt der Handschrift gelegt und betont, im Jahre 1817 (Zeit der angeblichen Fälschung) sei Niemand über das Altböhmische Leben so unterrichtet gewesen, so lieferte Prof. Masaryk den Nachweis (Ath. 1886 und A. f. Slav. Philol. X), dass Alles, was namentlich die Gr. Hs. bietet, in der Böhm. Literatur nicht lange vor 1817 besprochen wurde und die Gr. Hs. mit den 1817 bekannten Quellen mitunter wörtlich übereinstimmt. Andererseits zeigte Knieschek in dem oben erwähnten Aufsatze (MV 25), dass das im Gedichte Ludiše der Kön. Hs. geschilderte Kampfspiel mit den bei Tournieren und Tjost gebotenen und üblichen Gebräuchen ganz und gar nicht übereinstimme, ungeschickte Erfindung sei.

Prof. Goll wies nach, dass der geschichtliche Inhalt der Gedichte „Oldřich“, „Beneš“ und „Jaroslaw“ der Kön. Hs. sicher aus späteren, zum Theil sehr jungen Quellen, geschöpft sei, der Verfasser unmöglich im 14. Jahrh. gelebt haben könne. Vgl. Goll’s Schrift „Historický

  1. Eine Initiale zeigt das erst 1704 erfundene Berliner Blau!
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_145.jpg&oldid=- (Version vom 27.8.2018)