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wahrscheinlich Frankreichs Verfahren in einem noch viel schlimmeren Licht erscheinen lassen, als wir es bisher zu sehen gewohnt waren. Auch von hieraus kommt man auf die Vermuthung, dass Rousset lange nicht alles, was ihm das Archiv des Kriegsministeriums bot, für seine Darstellung verwerthet, sondern dass er vielfach verschwiegen und beschönigt habe.


II.

Für die Beurtheilung des Zerstörungswerks, das die Franzosen damals verübten, ist es von Wichtigkeit, darüber klar zu werden, was dabei eigentlich beabsichtigt war, welcher – sei es militärische, sei es politische – Zweck dadurch erreicht werden sollte. Auch für die Frage nach der Urheberschaft kommt dieser Gesichtspunkt in Betracht.

Auch hier befinden sich nun die später zur Herrschaft gekommenen und noch heute im Allgemeinen herrschenden Vorstellungen nicht völlig im Einklang mit den Angaben der Personen, die an den Ereignissen handelnd zunächst betheiligt waren. Freilich wird von diesen Mittheilungen manche von vornherein als irrig oder gar als tendenziöse Erfindung zurückzuweisen sein. Dahin rechnen wir es, wenn der vielschreibende Abbé Leti, der durch sein Buch über die Universalmonarchie Ludwig’s XIV.[1] besonders dazu beigetragen hat, die öffentliche Meinung Europas gegen den König aufzureizen, zu berichten weiss[2], im Auftrage Ludwig’s habe der Cardinal d’Estrées die Verwüstung der reformirten Pfalz dargestellt als ein Gott wohlgefälliges Opfer, das zur Sicherung der Katholiken in Deutschland habe gebracht werden müssen. Ging mit der Eroberung der Pfalz auch vielfach eine katholische Reaction Hand in Hand, so ist doch eine Aeusserung der Art anderweitig nicht nachweisbar und findet namentlich in der militärischen Correspondenz, soweit sie uns vorliegt, keine Bestätigung. Wenn ferner derselbe Berichterstatter[3] das Verfahren der Franzosen noch durch die allgemeine Bemerkung begründet werden lässt, in Kriegszeiten müsse man selbst seine besten Freunde zu Grunde richten, um dem Feinde die Subsistenzmittel

  1. Leti, La monarchia universale del re Luigi XIV. Con i veri mezzi d’abbatterla. 2 Bde. Amsterd. 1689. Französisch ebendas. 1701.
  2. II S. 367 (Französ. Ausg. S. 359).
  3. II S. 368 (S. 360).
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_248.jpg&oldid=- (Version vom 16.12.2022)