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zu entziehen, so gibt er damit nur die Anschauung wieder, welche man sich damals von Anlass und Zweck des Sengens und Brennens im Allgemeinen gebildet hatte. Ihr begegnen wir auch sonst vielfach; aber sie wurde nicht von allen getheilt. Villars[1] z. B. lässt sein abweichendes Urtheil deutlich genug erkennen, indem er sagt, „angeblich“ habe es das Wohl des Staates erfordert, dass zwischen der Französischen Grenze und den feindlichen Armeen eine Wüstenei liege und zur besseren Deckung seines Gebiets gegen einen Deutschen Einfall solle Ludwig XIV. die Vernichtung der Pfalz befohlen haben[2]. Auch Pufendorf[3] urtheilt so. Voltaire[4] meint, es habe sich dabei nicht um einen Act furchtbarer Vergeltung gegen den Pfälzer Kurfürsten gehandelt, dessen ganzes Verbrechen ja doch nur in dem Anschluss an ein Bündniss Deutscher Fürsten bestanden habe, vielmehr sollte den Feinden in den Landschaften, welche ihnen als Basis für einen Angriff auf Frankreich dienen konnten, jede Möglichkeit des Unterhaltes genommen werden. Auch Rousset[5] sieht darin den einzigen Zweck jener Barbareien.

Entsteht dem gegenüber zunächst einerseits die Frage, ob das von den Franzosen in den Rheinlanden durchgeführte Verfahren diesen angeblich erstrebten Zweck wirklich zu erreichen geeignet war – und bei unbefangener Erwägung aller in Betracht kommenden Umstände dürfte sie zu verneinen sein –, so bietet andererseits die Correspondenz der an der Vorbereitung und Einleitung des Zerstörungswerks betheiligten Persönlichkeiten keinen Anhalt dafür, dass gerade dieses der leitende Gesichtspunkt gewesen sei. Vielmehr ist danach die zunächst bestimmende Absicht in einer anderen Richtung zu suchen, und erst im Laufe der Ausführung des zu anderen Zwecken Geplanten hat sich in dieser Hinsicht eine Aenderung vollzogen, die den anfänglichen Charakter des ganzen Unternehmens umwandelte.

  1. Mémoires de Villars bei Petitot. 2. Série LXVIII S. 380–81.
  2. Hérault bei Schlözer, Staatsanzeigen XIII S. 352 Anmerkg.: pour faire une barrière entre ses ennemis et lui.
  3. De rebus gestis Frid. III, I, § 43 (S. 55): ut Teutonico militi unde subsisteret adimeretur.
  4. a. a. O. I S. 278: Il avait la vue d’empêcher les ennemis d’y subsister, plus que celle de se venger de l’électeur palatin, qui n’avait d’autre crime etc.
  5. a. a. O.: pour éloigner l’ennemi du territoire français
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_249.jpg&oldid=- (Version vom 16.12.2022)