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würde man von da aus nicht mehr eintreiben können als von Heidelberg aus, wohl aber könnte es ein Hinderniss und ein Stein des Anstosses für den Frieden sein. Weil er nämlich von da aus den Rhein unter Augen habe, könne der Kaiser sich leicht darauf steifen, dass Mannheim unversehrt, d. h. noch als Festung, seinem Schwiegervater, dem Pfälzer Kurfürsten, zurückgegeben werden müsse, und wer weiss, was dann geschieht! Zur Zeit könne man ja fest entschlossen sein, Mannheim nicht anders als entfestigt (démolie) zurückzugeben, in zwei Monaten aber, wenn der Platz der Preis eines dauerhaften Friedens werden könnte, würde man sich am Ende doch bereit finden lassen, ihn in seinem augenblicklichen Zustand auszuliefern, was doch vom Standpunkt des Königs von Frankreich aus nicht zu wünschen sei. Nach Mittheilung dieser Stelle wirft Rousset die entsetzte Frage auf: handelt es sich hier bloss um das Rasiren von Befestigungen oder um die Vernichtung einer ganzen Stadt? Louvois, so meint er sie beantwortend, drang in die Tiefe von Chamlay’s Gedanken ein: es handelte sich darum, die Stadt vom Erdboden zu vertilgen. Um Louvois zu retten, schiebt er Chamlay einen Gedanken unter, der diesem offenbar ganz fern lag.

Einmal übersah oder ignorirte Rousset die Thatsache, dass Louvois es gewesen, der schon drei Wochen früher Duras gegenüber den Wunsch ausgesprochen hatte, Mannheim, wenn möglich, völlig niedergebrannt zu sehen[1]. Dann aber legt er Chamlay’s Worten einen üblen Nebensinn unter, den anzunehmen durchaus keine Nöthigung obwaltet. Sowohl vor wie nach der Mannheim behandelnden Stelle jenes langen Briefs spricht Chamlay von der Entfestigung von Städten durch theilweise Niederlegung ihrer Werke, um eine Zerstörung der Städte selbst handelt es sich dabei durchaus nicht, da die so behandelten Orte hinterher, wenn man die Breschen verpallisadirte, noch als sichere Winterquartiere für die Franzosen selbst sollten gebraucht werden können. Im Gegensatz nun zu diesem minder radicalen Verfahren will Chamlay Mannheim nicht einer bloss theilweisen Entfestigung unterworfen sehen, sondern seine Werke sollen vollkommen zerstört werden, indem man das Mauerwerk in die Luft sprengt, die Erdaufschüttungen aber niederlegt und ebenpflügt. Hierin

  1. S. oben S. 253.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_258.jpg&oldid=- (Version vom 16.12.2022)